1. River Jungle Marathon Hulu Langat
16.08.2010


Bericht von Zenon Karczewski


Sonntag, der 15. August 2010; Hulu Langat/ Malaysia Die Nacht war sehr kurz. Nach nur 3 Stunden Schlaf stehe ich um 2:30 Uhr auf. Meine Gastgeber James Wong, der den Lauf organisiert und seine Frau Rachel Chan, sind schon lange wach. James hat vor Kurzem seinen Job als Ingenieur aufgegeben und betreibt jetzt in Vollzeit seinen Marathonladen. Die ganze Familie unterstützt ihn heute bei der Organisation. Ich fahre mit Rachel und ihrem Vater nach Hulu Langat. Gegen 4:00 Uhr erreichen wir die Polizei-Station, an der in einer Stunde der Lauf gestartet wird. Nach und nach treffen andere Läufer ein. Ein kurzes Briefing mit den letzten Informationen zur Strecke, ein Gruppenfoto und die Ehrung für Mohan aus Singapur, der erst vor einer Woche seinen 100. Marathon gelaufen ist. Heute folgt seine Nr 101. Er hat diese Zahl in in nur 3 Jahren erreicht. Dagegen sehen meine 70 Marathonläufe (in 20 Jahren) fast schon bescheiden aus.

OliverUm 5:00 Uhr werden wir mit 3 "Pacemakern": für 5, 6 und 7 Stunden auf die Strecke geschickt. Ich laufe in der "schnellen", 16 Mann zählenden, ersten Gruppe. Allerdings bleiben wir nur kurz zusammen. Schon nach ein paar Hundert Metern bilden sich mehrere kleinere Grüppchen. Ich laufe mit Chew Chee Ming (Foto rechts oben) zusammen. Er hat mich gleich nach dem Start angesprochen. "Are you from Germany?" - hat er gefragt. "Ja" - anwortete ich und seitdem unterhalten wir uns munter übers Laufen, chinesische Sprache und Kultur, über Durian, den Jungle und die Affen, über Deutschland... und, und, und. Die ersten Kilometer sind schnell absolviert. Es ist dunkel, wir laufen mit Kopflampen. Wie immer, ist es auch heute schwül warm. Es ist Ramadan-Zeit. Aus einer Moschee ertönt die Stimme des Muezzin, der das Ende der Nacht und den Beginn des Fastens bis zum nächsten Sonnenuntergang verkündet. Chee Meng ist, wie ca. 33% der malayischen Bevölkerung, Chinese, ihn geht das also wenig an. Genauso wie die meisten anderen "River Jungel Marathon"-Teilnehmer am heutigen Tage. Wir dürfen also auch nach dem unmittelbar bevorstehenden Sonnen-aufgang essen und trinken. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man bei diesem Klima die ganze Strecke ohne Wasser aushalten könnte.

Nach 15 Kilometern verlassen wir die Ortschaften (s. -> Strecke) und die zumindest am Tage stark frequentierte Strasse B82 und biegen in den Jungel ab. Ab Kilometer 17 fängt der angekündigte 3 Kilometer lange und ca. 7-8%steile Anstieg an. Es wird langsam hell. Die Natur um uns herum ist atemberaubend schön. Dampfwolken hängen über dem Wald. Immer wieder bleiben wir mit Chee Meng stehen und machen Fotos mit meiner Handy-kamera. "Hier müsste es lt Strecken-beschreibung von James auch Affen geben" - sage ich zu meinem Begleiter. Im selben Augenblick erblicke ich auf einem Baum neben der Strasse eine ganze Familie von Makaken. Wir bleiben stehen und ich greife nach meiner kleinen Kamera aber bis sie startbereit ist, sind die Affen wieder verschwunden. "Ein grosses Ziel für heute ist erreicht" - sage ich zu Chee Meng, jetzt müssen wir nur noch den Marathon beenden. Bis dahin wird aber noch einige Zeit vergehen. Wir überholen zunächst 2 Läufer, die dem langen Berg zum Opfer fallen. Ich fühle mich immer noch ganz gut, auch Chee Meng sieht noch frisch aus. Alle 3 Kilometer gibt es eine Verpflegungsstelle mit Wasser, isotonischen Getränken und hin und wieder auch mit einem Power-Gel.

Nach 25 Kilometern sehen wir eine Gruppe von 4 Läufern vor uns. Meter um Meter kommen wir an sie heran. Plötzlich spüre ich einen Hungerast. Mich verlassen die Kräfte, es wird mir schwindlich und ich muss anhalten. "Lauf weiter" - sage ich zu Chee Meng - "ich brauche eine Pause".

Er entfernt sich langsam. Ich hole tief Luft, dehne die Beinmuskulatur, fange langsam an, zu gehen und dann wieder zu laufen. Zum Glück kommt nach ein paar Hundert Metern die nächste Verpflegungsstelle, an der es Power-Gel gibt. Ich sauge den Inhalt der Packung schnell in mich hinein, habe danach aber immer noch Hunger. Mein chinesischer Freund, der auf mich gewartet hat, gibt mir noch ein Gel von sich. "Du hast mir damit das Leben gerettet" - werde ich später im Ziel scherzhaft zu ihm sagen. Tatsächlich geht es mir auf einmal wieder richtig gut und wir können weiter zusammen laufen. Bei der nächsten Wasserstation bei Kilometer 32 holen wir die 4-Mann-Gruppe ein.

DanielDaniel (Foto nebenan), ein sympatischer VW-Malysia-Angestellter, den ich gestern auf der Grill-Party der Pacemaker in KL kennengelernt habe, ist auch dabei. Er kennt Dresden und die VW-Glasfabrik, ihm musste ich als einem der wenigen Malayen nicht erklären, wo die sächsische Hauptstadt liegt. Wir laufen jetzt durch schöne, malerische Dörfer (grosses Foto unten). Es ist Sonntag und noch recht früh am Tage, nur selten begegnen wir den Einheimischen, die uns immer freundlich grüssen. Auf einmal sprüre ich den bekannten unverwechselbaren Geruch. "Hier muss es irgendwo Durian geben" - sage ich zu Daniel. "Ja, die fallen von diesem Baum herunter" - antwortet er und zeigt auf einen großen Baum. Ich bin erstaunt, ich hatte mir die Bäume viel kleiner, etwa wie die Ölpalmen, vorgestellt. 4:32h sind vergangen. "Wir sind jetzt bei Kilometer 40" - verkündet auf einmal Daniel. Gab es hier irgendwo einen Schild, den ich nicht gesehen habe? "Nein, das sagt meine GPS-Uhr" - antwortet er und lacht. Klar, beinahe hätte ich mir so ein Gerät gestern im James' Laden gekauft. Ich habe es dann aber doch sein lassen.

Daniel läuft jetzt etwa 20 Meter vor uns. Ich fühle mich seit meiner kurzen Krise bei Km 29 immer noch sehr gut und könnte ihm locker folgen aber ich will lieber zusammen mit Chee Meng den Lauf beenden und bleibe deshalb in der Gruppe. Nach 4h44'21" kommen wir ins Ziel, das auf einer Brücke liegt. Nur 5 Läufer waren schneller. Jeder Finisher bekommt eine Urkunde und ein schönes T-Shirt (grosses Foto unten). Wir warten jetzt auf den Rest des Feldes und das dauert noch weitere 2 Stunden. Als Letzter kommt Mohan mit 2 Marathon-Neulingen und wird mit stürmischem Applaus begrüsst (grosses Foto unten). Sein Kuchen, den er vor dem Lauf anlässlich seines 100. Marathons bekommen hat, wird jetzt verspeist. Wir machen noch ein gemeinsames Finisher-Foto mit allen 51 Teilnehmern (Foto unten).

Es ist jetzt Mittag, der Himmel ist wolkenfrei und es ist sehr heiss. Ich lege mich auf die Strasse und schlafe kurz ein. Jemand macht von mir ein Foto, das noch am selben Tag auf Facebook erscheinen wird. "The night before was short and I was really finished after the race" - schreibe ich in meinem Kommentar dazu. "The night before + killer hill" - antwortet Juli Wong, die heute mitgelaufen ist. "Finished = kaputt" - kommentiert mein Freund Yum Kin Kok (--> s. Bericht National Press Club Run), der heute leider nicht dabei sein konnte.

Ja es war ein schwerer Lauf. Aber auch einer meiner Schönsten. Einmalig und so ganz anders als die vielen City-Marathons. Und ganz toll organisiert von James und seinem Team.

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Carrie Im Ziel
 
 

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