Zelt,
Zeit und Ziel stehen. Nur der Wettergott kann sich
nicht entscheiden. Wahr-scheinlich hat er vor Jahrhunderten auch
den Namen des Austragungs-ortes kreiert: S
t a d t olden d o r f! Aber ich bin auf diesen 20.Juni 2009
vorbe-reitet: Verpflegung, Wäsche und Blasenpflaster warten
im Jahnstadion. Es ist 13.30 Uhr. Die 21. Deu-tsche Meisterschaften
der DUV im 24 Stundenlauf nehmen gemächlich Fahrt auf. Ich
bleibe gelassen und beobachte den schim-mernden Bummelzug gewissermaßen
aus dem letzten Abteil. Erst Morgen wird abgerechnet! Meine Frau
und unsere Joy (Foto) win-ken mir zu, obwohl ich doch gleich wieder
bei ihnen sein werde - nach etwas mehr als zwei Kilometern. Der
Weg tarnt sich nach einem Drittel mit romantischem Flair. Erfrischende
Wiesen leuchten; aus der Ferne grüßen Berge unter dunkelgrauen
Wolken und die Sonne zwinkert.
Die
Welt ist schön! Und irgendwie ist die Strecke
ziemlich flach. Was sind schon gefühlte 10 Höhenmeter
pro Runde? Tartanbahn, Asphalt und ein geschotterter Feldweg reichen
sich im Wechsel die Hände. Jetzt, in der dritten Runde, treffe
ich auf Norbert Künkel (Foto unten). Auch für meinen
neuen Begleiter aus Hannover ist es der zweite 24er. Gedanklich
habe ich die kommenden Stunden in kleine Scheibchen zerteilt.
Stück für Stück. Runde 5 bedeutet Kilometer 10.
Mit 1:13:20 sind wir eher langsam, denn die ersten Mitstreiter
stürmen bereits überrundend vorüber. Immerhin läuft
hier die deutsche "Ultra-Elite"! Trotz der beeindruckenden
Manöver um uns herum spüren wir den Geist der grandiosen
"DUV-Familie" und ernten viele aufmunternde Worte. Nur
die Uhr schlägt jede Stunde anders. Stadion-musik, Regen,
Wind, Licht, Schatten und die Körpersignale wechseln sich
ab. Kurz nach der 15. Runde ist Norbert schlagartig verloren gegangen.
Ob ich ihn noch einmal treffen werde?
Nach
fünfzig Kilometern und 6:24:40 genieße ich
den Vollservice meiner verständnisvollen Marianne vor unserer
kleinen "Zeltoase". Nebst Shirt- und Schuhwechsel. Ach,
wie gerne würde ich länger bleiben! Ein Regenbogen versüßt
mir den Aufbruch, doch die Flachstrecke ist abrupt zu einem hinterhältigen
Gebirgspfad mutiert. Vor mir wandern einige Kollegen, aber ich
kämpfe tollkühn gegen diesen Wunsch an. Noch! Eine Topläuferin
hört die drohenden Signale: "Mensch, heb` die Füße,
du schlürfst ja wie meine Mutter!" Schmunzelnd frage
ich: "Wieso, läuft die auch?" Dann wird es finster.
Eine wärmende Jacke hilft mir durch die Nacht. Riesige Scheinwerfer
beäugen die Strecke. Jedoch nicht überall. Auf einer
Bank neben der Turnhalle hockt eine stumme Gestalt. Ist das ein
Teilnehmer, ein Kampfrichter oder gar ein Spanner?