11.07.2009
10. Fichtelgebirgsmarathon


Ein Bericht von
Mirko Leffler

Silbergrau spiegeln sich meine Gedanken im Weißenstädter See: Um 08.30 Uhr läuft der 10. Fichtel-gebirgsmarathon! Doch die Motivation ist bereits vor Tagen baden gegangen. Mein müder Geist und die jammernden Beine teilen sich das Areal mit bunten oder seltsam beringten Exemplaren im Vogelschutzgebiet. Kritisch beobachtet von den geschnäbelten und gefiederten Bewohnern, die hier sonst allein im Revier sind. Aber angemeldet ist angemeldet! Immerhin finde ich bei meinen Begleitern Markus "Sweety" Süße, Stephan "Kempi" Kempmann und Martin Scheler (Foto rechts) ein wenig Beistand.

Aber reicht das am 11. Juli 2009 aus, um vor dem Zielschluss in Wunsiedel anzukommen? Offensichtlich nicht, denn die fränkische Delegation spurtet, als hätte Alice Schwarzer soeben mit einem Date gedroht. Nur meine Berliner Kameraden René Gnauert und Ralf Beelitz helfen mir bei der heutigen Sinnsuche. Gemeinsam mit ihnen und den in Stelen gemeißelten Worten, die das poetische Ufer bevölkern, finde ich Fragen, Antworten und neue Hoffnung. Regen überrascht uns am Waldrand - von wegen Wasserschutz-gebiet! Der Pfad windet sich harmlos nach oben und entpuppt sich als steile Asphaltpiste. Das kühle Nass wechselt den Aggregatzustand und vernebelt uns bei 10 °C die Sinne. Wo bleibt denn die gepriesene Panoramasicht vom Schneeberggipfel? Anstelle des Aussichtspunktes "Backöfele" orte ich nur die erhöhte Temperatur am unteren Ende meines linken Beines.

Renè Gnauert & Ralf BeelitzAugenblick, was ist das für ein Ton? Ein standhafter Musikant hat einen Regen-schirm zur Seite gelegt und erweckt extra für uns sein Alphorn aus dem Tiefschlaf! Moralisch gestärkt huldigen wir bergab der in Stein verewigten Tausendmetermarke. Tafeln mit Erd-Geschichten über Granit, Gneis und Fuchsbau-Steine säumen die Route. Aber ich muss mich sputen, denn die Kollegen rasten bereits bei Kilometerschild 21 (Foto). Nach 2:38:01 spuckt uns der Wald unerwartet vor drei herzlich rasselnden Zu-schauern in Leupoldsdorf aus. Vorbei an der historischen Bahnlinie bleibt das Rathaus links liegen, bevor meine Knie auf den Treppen der Unterführung aufschreien. Willkommen in Tröstau! Die noble Anlage des Golfclubs Schloss Fahrenbach umgarnt uns neben der davon unbeeindruckt ansteigenden Straße.

Stephan Kempmann - Mirko Löffler - Markus Süße - Martin Scheler

Wie edel doch solch ein exakt geschnittener Rasen wirkt. Nur gut, dass den meine liebe Gattin nicht sehen kann, denn das Handicap ist momentan groß genug! Ein kurzer Schlammpfad lockt uns erneut in das Dickicht. Aber meine Oberschenkel fürchten sich! Scheinbar haben sich deutlich mehr als die ausgeschriebenen 800 positiven Höhenmeter in die Fasern gebrannt.

Ralf Beelitz vor MärchenbrunnenMitten im Forst schießt ohne Vorwarnung eine turmhohe Fontäne in die Luft. Meine Partner posieren mit ganzer Manneskraft froschprinzengleich vor dem bemoosten Brunnen (Foto), holen mich ein und plötzlich über. Was war bloß in dem Wasser? Kurz schaue ich auf ihre virtuellen Rücklichter. Sofort wird es dunkel. Als zurückgelassenes Waisenkind kämpfe ich mich durch den mystischen Finsterwald, der einfach nicht enden will. Gigantische Felsbrocken liegen wie verkeilt zwischen den Bäumen. Wo bin ich? Habe ich mich etwa verlaufen? Unerwartet geben Vögel ein Konzert; die Schatten verlieren ihren Schrecken. Halleluja, menschliche Siedlungen sind nahe! Ein wackerer Betreuungsknappe empfängt mich wie den heimgekehrten König, reicht mir ein silbernes Tablett mit köstlichen Gaben und weist mir den Weg nach Wunsiedel.

Welch freundliches Bergvolk! Sogleich streicheln erquickende Felder meine Augen. Musik plätschert über die Hügel und trägt mich Hand in Hand mit den Leipzigern Stefanie und Jürgen Porschmann in das Fichtelgebirgs-stadion. Prompt werde ich mit einer hölzernen Medaille geehrt. Nanu, ist die für den Schlussläufer? Wie lange war ich denn unterwegs? 5:21:45? Misstrauisch blicke ich mich um - und entdecke auch an den schon lange auf mich wartenden Lauffreunden Holzpräsente. Lächelnd finde ich ganze acht Minuten vor dem offiziellen Zielschluss nun doch noch zu meinem Glück.

 
 

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