"Im Lande von Che Guevara, Fidel Castro und Hemingway"

20. Havanna Marathon
15.11.2009


Ein Bericht von Peter Maier

Jahresurlaub auf Kuba! Am 12.11.09 flogen wir über Frankfurt nach Varadero auf Kuba. Von kurzröckigen Zolldamen durch die Kontrolle "geschleust", befand ich mich schnell auf dem Boden der Tatsachen wieder. "Koffer öffnen" befahl mir ein uniformierter Herr. Bei der Durchleuchtung der Koffer hatte man Knoblauch (mein Lebenselixier für den Marathon) entdeckt, den ich ins Land "schmuckeln" wollte. Der Knoblauch wurde konfisziert und ich bekam darüber ein gestempeltes und von allen unterschriebenes Protokoll... Mit dem Bus fuhren wir weiter nach Havanna, bezogen unser Hotel Telegrafo und gingen so gegen 22.30 Uhr bei warmen herrlichen 25 Grad in eine Kneipe. Wir hatten Durst auf ein kubanisches Bierchen.
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Am 13.11. war schon um 9 Uhr die Stadtbesichtigung angesagt. Zu Fuß ging es mit der netten Reiseleiterin vom Hotel in die Altstadt. Diese wird mit Mitteln der UNESCO saniert. Durch das lebhafte Treiben auf der Calle Obisco ging es vorbei an der Lieblingsbar von Ernest Hemingway, der El Floridila. Auf dem Plaza de Viaje beenden wir den Rundgang in einer Bierbrauerei, in der Taverne de la Murella. Die weltweit bekannte kubanische Livemusik durfte nicht fehlen. Nachmittags machten Bärbel und ich einen Spaziergang auf die andere Seite des Capitols bzw. der Altstadt. Es ist schwer zu beschreiben, aber dort sahen wir nur völlig kaputte Häuser und Armut. Abends bekamen wir durch die kubanische Vertraute vom Reisebüro Dieter Späth im Hotel unsere Startunterlagen und das T-shirt gereicht.

Der 14.11. war dem Pastaessen gewidmet. 11 Uhr war offizieller Termin zur Abholung der Läufer vor dem Capitol. Erst 13.30 Uhr, 150 Minuten(!) später, ging es los. Die sprichwörtlich kubanische Gelassenheit, also sprich "MANANA" - morgen, morgen…lernten wir hier "endlich" richtig kennen. Eigentlich geht gar nichts, oder doch? Doch, wenn man Trinkgeld gibt, dann dreht sich was… Glitschige Spaghetti in einer Kantine des Baseball-stadions bekamen wir zu essen, es hatte aber ein Gutes. Wir lernten Roman aus Berlin kennen, ein Kuba-Kenner! Die Streckenbesichtigung mit dem Bus klappte dann wenigstens.


15.11.09: Mein 77. Marathon. Wecken mit Handy um 5.10 Uhr, Hotelweckung klappte nicht, kein Frühstück, Fahrstuhl kaputt, Bärbel noch erkältet… Trotzdem guten Mutes gingen wir zum Start, zum Glück waren es nur 5 Minuten Fußmarsch bis zum Capitol. Dort war die Aufstellung zusammen mit vielleicht 1000 Läufern, hauptsächlich Halb-marathonies, Aerobic Mädels turnen vor und alle machten mit. Es wir hell, ca. 20 Grad Celsius, aber es ist ein sehr feuchtes Klima. Der Startschuss fällt 7 Uhr (ich glaub, der einzige pünktliche Moment in Kuba). Alle rennen wie wahnsinnig los. Entlang der Allee, dem Prado, laufen wir wieder an unserm Hotel Telegrafo nach 400 m vorbei, vorbei an einem Panzer vor dem ehemaligen Präsidentenpalast von Batista und sind schon auf der angeblich weltberühmtesten Uferpromenade der Welt, der "Malecon" (sagt der Kubaner).


Zum Glück ist es windstill, vor 3 Tagen hätten wir hier den Atlantik um die Ohren bekommen, war die Uferpromenade noch überschwemmt! Vorbei geht's an ehemaligen traumhaften Gebäuden des Spätbarocks, aus der Zeit, wo Kuba noch reich war. Jetzt sind es fast nur noch Ruinen, leider. Bei km 4 gesellt sich Roman zu uns. Es ist sein 1. Marathon und den macht er in Havanna! Er hatte hier früher ein Gast-studium gemacht und die Kubaner liebgewonnen. Der 5. Kilometer endet in 26.05 min. Bärbel macht mir keinen glücklichen Eindruck, sie war seit Tagen erkältet und so wird es heute bei ihr leider nicht so laufen, trotz ihrer genialen Vorbereitung. Ich weiß nicht, soll ich sie begleiten oder soll ich mit Roman etwas schneller laufen? Bärbel enthebt mich meiner Zweifel. " Heute geht nichts, ich will alleine…"

Ich ziehe los und schließe zu Roman auf. Noch sind viele, hauptsächlich kubanische Halbmarathonies, neben uns. Bei km 8,5 verlassen wir die Uferpromenade und es geht auf der Calle 12 einen langen Anstieg hoch. Oh Gott, in der zweiten Runde wird es spätestens genau hier schwer! Es folgen weitere kleine wellige Anstiege. Roman ist gut drauf und bei ca. km 13 umlaufen wir den Ciudad Reportiva. Die Straßen sind hauptsächlich noch abgesperrt. Bei km 15 lassen wir links den Plaza de la Revolucion liegen. Wie überall sind auch hier Denkmäler, sehe ich Erinnerungen an die drei entscheidenden Revolutionäre und Guerillaführer der kubanischen Revolution, Fidel Castro, Che Guevara (Foto - alias Peter Maier) und Camillo Cienfuegos

Die Hügel sind vorbei, es wird wärmer, aber zum Glück scheint keine Sonne. Auf der langen Straße Salvadore Allende ziehen Roman und ich an der 20 km Marke in 1.47.16 h vorbei. Ich drehe mich um, fast nur blaue Startnummern sind um uns. Das heißt, ab dem Capitol, also der zweiten Runde, sind wir fast nur noch allein auf der Strecke. Endlich das Capitol! Hier sind auch mal ein paar Zuschauer. Kurzes Fotoshooting… (Foto) verflucht... wir sind allein, fast allein… Blitzschnell ziehen an mir die Bilder der 1. Runde vorbei. Ich denke an Bärbel, die stark angeschlagen gegen die Zeit und diese schwere Strecke laufen und die Hügel, die sich vor ihr aufbäumen, erklimmen muss! Aber immerhin, es ist trotzdem die zweite Runde und 50 % sind geschafft. Roman sieht gut aus, erstaunlich gut. Für seinen 1. Marathon läuft er mutig weiter. Wieder geht's die Uferpromenade entlang, keine Zuschauer, wie überall.

Dort, endlich mal zwei "Engelchen"! (Foto) Wieder die "Malecon" verlassend, ist km 29, die Calle 12. Kein Läufer ist weit und breit, nur Roman und ich. Wir erklimmen den langgezogenen Hügel, saugen uns nach oben, lassen km 30 in 2.41.34 h liegen und ich merke, dass ich langsam überziehe…Aber ich will Roman nicht allein lassen. Er zerrt an den Ketten und ist so gut drauf. Ich hab keine Lust mehr auf Fotos machen¸ es ist nun unheimlich schwül. Die auf den Kopf unter die Mütze gelegten Eisstückchen zerschmelzen sofort, bringen aber nur kurzzeitig Linderung. Mein Körper beginnt zu wanken und zu rebellieren. Wieder nur 20 km Training die Woche, es scheint sich zu rächen…aber ich bleibe dran! Bei km 36 sag ich zu Roman: "Jetzt steht es 1:0 für Dich gegen den "Mann mit dem Hammer". Und er zählt weiter, 2:0, 3:0…

Am 40. Kilometer trotz aller Qualen meinerseits folgt ein kurzer Fotostopp und ich "entlasse" Roman nach vorn. Wie ein unbändiges Pferd eilt er seinem 1. Marathonzielsieg entgegen. Ich bin platt, kaputt, am Ende! "Das Ding entgleitet Dir nicht, hau` den Lukas" sag ich mir. Und ich hau, alle Kräfte mobilisierend, renne ich Richtung Capitol. Plötzlich merke ich, es sind sogar Sekunden unter der Endzeit von 3.50 h drin. Jetzt links rum auf den Prado und dort, da, in 200 m, da ist das Ziel.
Oh Gott, ich schaffe es, Wahnsinn! Mit erhobener Faust durchlaufe ich den Zielstrich in 3.48.19 h.

Wir Finisher werden schnell weitergeleitet, erhalten in einem dunklen Flur ein wenig zu trinken und die heißersehnte Medaille. Ich schleppe mich wieder ans Ziel, wo auch Roman ist. Dann zieht` s mir die Beine weg… Hungerast!!! Tja, dachte ich, das hattest Du schon mal… Mir wurde von unserer Reiseleitung gesagt, Früchte gibt es zu essen. Aber es gab nur zu trinken und das ist mir zu wenig. Verkalkuliert hatte ich mich also, selbst Schuld, wenn man sich auf andere verlässt. Passiert mir nun nie wieder.

Roman gibt mir ein paar Powerdragees und ich komm wieder zu Kräften. Danke! Ich sag noch, "ich muss auf Bärbel warten", da kommt sie auch schon. Mühsam, aber winkend, läuft sie die letzten Meter bis über den Zielstrich. Trotz der Erkältung eine Superleistung! Am Ende ist die Zeit un-interessant, einfach geschafft! Während ich in meiner AK von den ca. 180 Finishern der 5. bin, hat Bärbel sogar in ihrer AK den 2. Platz belegt. Wann die Siegerehrung war, wusste aber niemand. Als Fazit über den Lauf würde ich sagen, man muss nicht unbedingt in Havanna laufen.

Auf Grund sicherlich der ganz geringen Sponsoren hat die Veranstaltung viele Mängel, auch wenn die Veranstalter sich sicherlich viel Mühe gaben. Abends gehen wir mit dem sehr ortskundigen Roman in die versteckt urige Kneipe "Los Nados". Billige Preise, aber toller Service ist hier! Ich esse das kubanische Nationalgericht: Schweine-fleisch mit Reis und schwarzen Bohnen. Den Abschluss an diesem Marathontag bildet echt würdig in Hemingways "La Bodeguito del Medio" ein zünftiger Mojito. Muskel-kater-mäßig stark angehaucht, sind wir den nächsten Tag mit Bus Tours Havanna kreuz und quer unterwegs, zwischenzeitlich auch zu Fuß.

Außer der Altstadt und den Außenbezirken ist fast nur Armut zu sehen, die Straßenzüge sind vollkommen kaputt, keine Dächer, de-fekte Decken und Fassaden an den Häusern und dazwischen die Menschen. Irgendwie ziehe ich eine Parallele…ich sage mir, das sieht so aus wie 60 Jahre DDR… Ich bin entsetzt, wie langen können diese Menschen dort noch so leben?

Am 17.11. war der Umzug ins nächste Hotel, ins Occidental Miramar, mit Abstand das beste Hotel während unserer Rundfahrt. Es folgte am 18.11. der Beginn der organisierten Rund-reise mit Thomas Cook durch Kuba. Das Vinales Tal mit dem Örtchen Pinar del Rio war von der Natur her gesehen ein Traum, alles war noch grün und saftig, das beste Tabakan-baugebiet der Welt. Es folgte am 19.11. eine weitere Stadtbesichtigung Havannas, diesmal mit der 17 köpfigen Reisegruppe.

Abends flogen wir in die alte Kolonialstadt Santiago de Cuba. Der 20.11. war ein toller Reisetag, u.a. sahen wir in der Umgebung von Santiago de Cuba ein altes geschichtsträchtiges Revolutionshaus von Fidel und seinen Gefährten, einen National-park, einen "wunder-schönen" Friedhof, die Festung usw. Am 21.11. fuhren wir über Bayamo zum Wallfahrtsort El Cobre. In der hellen Basilika war auch schon der Papst zu Besuch. Abends endete der Tag in Camagüey. Wir mischten uns unter das kubanische Volk und ließen uns Bier und Mojito gut munden.Von Camagüey fuhren wir am 22.11. nach Santa Clara, wo wir selbst-verständlich das Grabmal des Nationalhelden Che Guevara besuchten.

Die Reiseroute führte uns weiter gen Westen nach Trinidad. Unser Hotel dort, das "Trinidad del Mar", raubte uns die letzten Nerven. Ich denke, es ist zum Verhältnis zu seinen 4 Sternen das schlechteste Hotel der Welt! Ich hatte das Gefühl, hier sind alle faul, uninteressiert, träge, unpünktlich…es stimmte einfach überhaupt nichts! Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt. Trinidad selbst ist ein sehr schönes kleines Kolonialstädtchen, 1514 gegründet, auch Weltkulturerbe. Gewöhnungsbedürftig empfanden wir am nächsten Tag anfangs die holprigen Kopfstein-pflaster-straßen, aber es passte einfach zu diesem Städtchen. Abends trafen wir uns auf der kubanischen Treppe, wo früher die Sklaven verkauft wurden und wo wir dem Salsa-Tanz zusahen.


24.11.: Nur raus aus diesem verruchten Hotel Trinidad del Mar!
Unser letzter Rund-reise-tag führte uns über Cienfuegos weiter entlang der Karibik, vorbei an der geschichts-trächtigen Schweine-bucht. Wir besuchten eine Krokodilfarm und fuhren dann direkt quer hoch in den Norden zur Halbinsel Varadero. Man sagt, Varadero ist nicht Kuba, das stimmt! Nun folgte im tollen Hotel "Blau Varadero" eine Woche Entspannung, Ruhe und Spaß. Hier passte nun alles, auch der von mir bisher noch nirgends so schön gesehene azurblaue Atlantik!
Bisher gefielen mit andere Reiseziele besser. Man kann in anderen Ländern sicher für gleiches Geld ein besseres Preis-Leistungsverhältnis erwarten. Wer sich jedoch nur erholen möchte, dem sei Varadero willkommen.

Meine Durchgangszeiten:
5 km: 26.05 min 26.05 min
10 km: 27.41 min 53.46 min
15 km: 26.50 min 1.20.36 h
20 km: 26.40 min 1.47.16 h
25 km: 27.04 min 2.14.20 h
30 km: 27.14 min 2.41.34 h
35 km: 27.23 min 3.08.57 h
40 km: 28.21 min 3.37.18 h
Ziel: 11.01 min ___3.48.19 h

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