Ich wollte
den Frust über die völlig verkorkste letzte Nacht rauslaufen,
wurde aber spätestens nach einem Kilometer von meinem Körper
zurechtgewiesen:
"Hier
und heute ist nichts zu holen, nach der Nacht ist nur Durch-kommen
angesagt, vereine dich mit deinem Sportfreund Jaap und höre
auf deinen Körper", sagte eine Stimme in mir! Stefan
Schlett, der Extrem Athlet (www.stefanschlett.de) und kurz darauf
Jaap liefen auf mich auf und gemeinsam liefen wir weiter bis zum
Dorf Sioni. Die Halbmara-thonies waren schon längst abgebogen
und von einer Anhöhe sahen wir die führenden Marathonläufer
zurückkommen, jeder inzwischen für sich allein.
An einem
Wehrturm bei km 10 (59.34 min) waren die ersten reizenden Verpflegungsdamen
(Foto).
Zum Glück
nahm mein Magen die angebotenen Powergels an. Einzelne Einheimische
lugten zaghaft hinter den Häusern vor, wohl mit dem fragenden
Gedanken, wo diese "Außerirdischen" mit den komischen
Nummern auf der Brust wohl herkämen.
Weiter
ging es, auch Herbert war schon auf uns aufgelaufen, zum Verpflegungspunkt
am Dorf Achkhoti. Dort warteten schon unsere Mädels Regina
und Gundula und natürlich Maka (Foto).
Heftige Umarmungen und "Alles Gute"-Wünsche begleiteten
uns weiter von der Landstraße rechts abbiegend in Richtung
Berge. Stefan nahm zwischendurch den "Kampf" Mensch
gegen Pferd auf. Die Asphaltstraße endete nach dem Ort Sno
und dann folgte ein Erlebnis nach dem anderen. Ich glaub, dieses
nun folgende urwüchsige Dorf gibt es selbst auf der Landkarte
noch nicht. Es war einmalig! Endlich genoss ich den Lauf. Wir
wurden von wilden Sauen mit ihren Ferkeln bedrängt (Foto),
Hunde und Katzen irrten zwischen uns hin und her,
Einheimische
wollten- später mit Klaus - Selbstgebrannten (Tschatscha)
trinken, Kinder beäugten meinen Fotoapparat, was das wohl
wäre
ich fühlte mich jetzt einfach so wunderbar.
Aber wir
mussten weiter, liefen im Dorf wieder zurück, durch den Ort
Sno hindurch und irgendwie verpasste ich den km 25, rechnete aber
dann später eine 2.30.03 h aus. Wir kamen wieder am Verpflegungspunkt
in Achkhoto raus. Ich nahm mir zwei Powergels und setzte mich
langsam hinter Jaap wieder in Trab. Aber plötzlich ging nichts
mehr. Die unendlich gerade Asphaltstraße Richtung Kazbegi
ohne ein Ende so vor mir zu sehen, nahm mir die letzte Kraft,
es war aus! Aber irgendwie machte mir Jaap verständlich,
wir machen das, egal was passiert. Ich schleppte mich hinter ihm
her, längst am Ende mit meinen Kräften.
Jedes
gewonnene Kilometerschild sollte mir Kraft geben, aber es klappte
nicht. Irgendwann sagte mal einer, wenn Du nach so einer Tortur
in den Spiegel schaust, denkst Du, Dein eigener Großvater
schaut Dich an. Zum Glück hatte ich keinen Spiegel dabei
und nach Fotos machen war mir gerade überhaupt nicht
Ich
wusste, wir mussten dann bei ungefährem Kilometer 33 am Ziel
vorbei, sollte ich aussteigen? Hatte ich jemals in nun inzwischen
30 Marathonjahren so einen Gedanken gehabt? Jede kleinste Anhöhe
gingen wir nun. Endlich da vorn hörte ich den Zielbereich
und da waren Gundula und Regine. Ich schämte mich meinen
Tränen nicht. Emotional überwältigt von ihren kraftspendenden
Worten und kurz danach denen von Hanno, der seinen 8 km Lauf längst
hinter sich hatte, lief ich weiter, blieb an Jaap dran!
Was jetzt kam, war eigentlich die Krone dieses Marathons. Kurzes
Foto mit Hanno (Foto) und
nun ging es hinauf in die Berge (nächstes Foto).
Bisher auf 1700 m über NN gelaufen, sollten wir nun hoch
auf 2170 m über NN zur Gergeti Trinity Church. Eigentlich
war das das "AUS". Oder doch nicht? Ich hatte zu Hause
im Fitnessstudio "Berghochgehen" mit 15 % Steigung ausgiebig
geübt und plötzlich erholte ich mich, während Jaap
seinerseits nun starke Probleme bekam. Längst hatte uns Stefan
und Herbert überholt Ich kam in kurzer Zeit zu Kräften
und war wieder voll da. Aber es war mir eine innere Pflicht, mit
meinem Freund Jaap das Ding nun zu Ende zu drehen.
Wir gingen hoch bis auf die 2170 m hochgelegene Gergeti Trinity
Church. Im Hintergrund sollte der 5034 m hohe Mount Kazbegi thronen,
aber das Wetter spielte nicht mit. Ich wollte in die Kirche, aber
man strafte mich mit Blicken ob meiner Laufkleidung und den "entblößten"
Knien. Ja, ja, sie haben ja recht, also trollte ich mich wieder,
machte ein paar Fotos, ging wieder zum wartenden Jaap und von
da bei ca. km 39 ging es bei Nebel wieder abwärts. Unser
"Chef" Frank Schulz, der seinen Halbmarathon glänzend
bewältigt hatte, machte an der "Abfahrt" nun tolle
Fotos von uns. Schild Kilometer "40" wartete auf uns
und es ging weiter abwärts. Irgendwie kamen wir langsam unten
im Dorf Kazbegi an und Arm in Arm liefen Jaap (57. Land) und ich
(49. Land) zusammen durchs
Ziel. In diesen 5.20.13 h haben wir uns unendlich viel Kraft gegeben!
Stefan (63.
Land) und Herbert waren schon lange im Ziel und Klaus
(37. Land) kam kurz nach uns
rein. Die ganze Veranstaltung war ganz liebevoll und ohne jegliche
Pannen organisiert worden.
Dieser Landschafts-marathon
war im Nachherein betrachtet einmalig. Geteilt
in Strecken aus Straße oder Feldwegen, mit herrlicher Gebirgss-zenen,
ist es ein unbedingtes "MUSS" für jeden Exoten
unter den Marathonläufern.
Die
Siegerehrung aller Teilnehmer mit Urkunde und Medaille war toll
(Foto 4643) und den anschließenden Tanz von Helferinnen
und Teilnehmern wollten wir nicht enden lassen
Aber alles
hat einmal ein Ende. Und so fuhren wir über die georgische
Heerstraße wieder in unsere Pension zurück und den
nächsten Tag nach Tiblisi. Dort hatten wir wieder warmes
Wetter, jeder unserer kleinen Truppe hatte noch ein wenig zu "erledigen"
und so trafen wir uns abends wieder zum letzten geselligen Beisammensein
"Gaumatschos"
- Prost -mit einem tiefen und intensiven Blick in die Augen. Ich
habe auf dieser Reise wieder viele liebe und nette Menschen kennengelernt
(Foto), "Viva
Georgia & danke!
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