Wieder merke
ich, dass es außerordentlich gut läuft. Jetzt ein Foto
mit einem kräftigen gehörnten Urvieh und es ist wieder
eine Verpflegungsstation vor mir: Cola, Iso-Getränke, Bananen,
Riegel, alles i. O.! Noch einen Kilometer höher und höher
und der Halbmarathon bei ca. 1700 Meter Höhe ist geschafft!
Hier auf der Silumer Höhe
hätte man noch mal das Rheintal sehen können, aber zu
"Weitblicken" hatten wir doch heuer kein Wetter. Herbert
hatte abreißen lassen und so rauschte ich allein hinunter
ins Tal. Ich büßte meine errungenen Höhenmeter
binnen 3 bis 4 Kilometer wieder ein. Aber diese 3 bis 4 km hatten
es in sich! Der sich nach unten windende Pfad bestand aus ca.10cm
hohem Schlamm. Ich sprang wie das Pferd auf dem Schachbrett nicht
von Feld zu Feld .sondern von "Patsch" zu "Patsch",
abwärts ins Saminatal! Die Alpenkühe mit ihren Glocken
am Hals machten sich wohl lustig über mich
Aber wer
zuletzt lacht, lacht am besten, dachte ich mir. Doch die Rechnung
hatte ich ohne den Wirt bzw. die Kuh gemacht. Denn da hatte doch
die eine Kuh mich schon abgeschleckt, als ich sie um ein Foto
"gebeten" hatte!
Ich
erreiche das Ziel des Halbmarathon-Plus-lauf kurz nach km 25.
Hier in Steg sind auch schon allerhand Zuschauer, auch sie haben
Kuhglocken umgehangen. Motiviert laufe ich weiter die nächsten
Kilometer durch die Bergwelt von Liechtenstein. Die Strecke hoch
über dem Saminatal ist
z. Z. nur hügelig. Ich stelle fest, dass ich genau ab Kilometer
21 von keinem Läufer mehr überholt werde, es läuft
blendend. Wir laufen ins Valorschtal
ein, so könnte es weitergehen! Aber ca. bei km 32 ist Schluss
mit lustig! Plötzlich wird der breite Weg zu einem Pfad,
wo es nur noch nach oben und dazu noch über Stock und Stein
geht. Plötzlich sah ich die Läuferschlange vor mir,
wie sie vor mir hertrottete. Mein Puls war ruhig, ich hörte
in mich hinein, geht da noch was? Und ob!!! Beseelt und überglücklich,
dass es mir so gut geht, setzte ich Kräfte und Endorphine
frei und "flog" an den anderen Läufern vorbei.
Ich hatte wieder das "runners high", meine persönliche
Droge! Unbeschreiblich, wie einfach alles lief und ungläubig
schauten die anderen Läufer "dem Verrückten"
hinterher
Die höchste Stelle des Alpin Marathons war erreicht, km 34:
Sass Förkle mit 1786 m Höhe.
Plötzlich sehe ich wieder Robert vor mir, aber ich mach an
der Verpflegungsstelle in aller Ruhe ein Foto und er ist wieder
entschwunden. Der Bergpfad führt weiter in Richtung Malbuntal.
Jetzt sind immer mal ein paar Zuschauer am Weg: "Hopp, hopp,
hopp", schreien sie. Bei km 36 ist es soweit, ich höre
den Zielsprecher in Malbun, wie er die Zielläufer einzeln
begrüßt! Aber
nein, "Obertroll", du musst noch weiter! Du musst jetzt
noch um das ganze Liechtensteiner Wintersport-zentrum herumlaufen
- in halber Höhe des Talkessels ein wenig auf und ein wenig
ab, auch mal ein paar kleine Schneefelder queren
ja, das
sind halt schon noch mal 5 km bis zum Ziel
in Malbun! Zum Glück finde ich noch eine nette
Begleitung.
Mit
Barbla aus Chur sind die letzten Kilometer kein Problem. Sie erzählt
von anderen Bergmarathons in der Schweiz, mit weit mehr Höhenmetern
als dieser hier
Bei km 40 - beim allerletzten Anstieg -
mach ich wie immer "mein" Foto, da entschwindet sie
mir. Problemlos hole ich sie wieder ein und zusammen laufen wir,
beklatscht von den Zuschauern und jeweils einzeln angesagt vom
Ziellaufsprecher, in 5.08.38 ins Ziel ein. Die Belohnung der Finisher
ist ein Funktions-Shirt. Dazu gibt es aus dem Hause SWAROWSKI
vier kleine für mich nicht ganz definierbare agnetanstecker
aus Kristall. Eine Medaille wäre mir 1000 Mal lieber gewesen!
Zum Glück kann ich mich im Ziel an Pommes und alkoholfreiem
Bier laben und die Duschen sind warm. Mir im Duschzelt zeitlassend,
ist auch schon Herbert zur Stelle, der in 5.36.54 h das Ziel passierte.
Gewonnen hat den 9. LGT Alpin Marathon übrigens der Berglaufweltmeister
Jonathan Wyatt aus Neuseeland, der den Streckenrekord auf wahnsinnige
2.56.27 h schraubte. Eine unglaubliche Leistung!!! In 3.36.25
h gewann bei den Frauen Corinne Zeller aus Weissenburg.
Glücklich
verließen Herbert und ich Malbun mit den zur Verfügung
gestellten Bussen. In Vaduz trieb es mich aber wieder raus und
ich musste mir unbedingt noch eine eigene Medaille in Form eines
kleinen Liechtensteiner Porzellantellers kaufen. Wie in früheren
Jahren, wo ich auch schon in Feldkirch übernachtete, ließ
ich diesen Kurzurlaub mit "echtem" Bier und einem deftigen
Riesenschnitzel, wie immer mit 35 cm Durchmesser, auf der Feldkircher
Schattenburg ausklingen. Die Rückfahrt nach Dresden plauderten
wir über unsere Erlebnisse, die anderen Dresdner und Chemnitzer
Starter hatten komplett die 100 km von Biel geschafft! Für
mich als Obertroll war es der 71. Marathon im 36. Land.
Und mit der Aussage des Arztes nach der
Untersuchung und nach dem Marathon darf ich auch noch ein wenig,
wenn auch nicht leistungsorientiert, weiter laufen
Meine Durchgangszeiten:
5 km:
27.00 min 27.00 min
10 km: 28.40 min 55.40 min
15 km: 43.31 min 1.39.11 h
20 km: 49.34 min 2.28.45 h
25 km: 37.07 min 3.05.52 h
30 km: 30.24 min 3.36.16 h
35 km: 42.29 min 4.18.45 h
40 km: 36.47 min 4.55.32 h
Ziel: 13.06 min 5.08.38 h