Wer nicht das Unmögliche wagt, wird das Mögliche nie erreichen

26. Penang Bridge Marathon
21.11.2010


Ein Bericht von Peter Maier

21.11.2010 26. Penang Bridge International Marathon Malaysia In unserem Jahresurlaub zog es Bärbel und mich wieder nach Asien. Mit "Singapore Airlines", der für uns mit Abstand besten Fluggesellschaft, flogen wir am 11.11.2010 über Frankfurt und Singapur nach Kuala Lumpur, der Hauptstadt von Malaysia. Am 2. Tag, Ortszeit 15 Uhr, damit war es in Deutschland noch 8 Uhr, kamen wir
in unserem Hotel Sheraton Imperial bei ca. 30 Grad Celsius an. Auf unserem Zimmer war Bärbel plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Hatte sie der Buttler entführt? Da hörte ich es irgendwo begeistert raunen, Bärbel hatte den begehbaren Kleiderschrank entdeckt… Wir legten uns ein wenig hin und genossen dann abends in der Hotel Lounge ein paar Bierchen und Rotwein und ich glaub, einige "Johnnie Walker" waren auch dabei.


Wir hatten diesmal nur Tagestouren gebucht. So sollte uns die Stadt-rundfahrt einen ersten Einblick über Kuala Lumpur bieten. Von den meisten Bewohnern wird die Stadt einfach "KL" genannt. In der pulsierenden Millionen-metropole sind die verschiedensten Kulturen und Religionen vertreten, man sieht Minarette der Moscheen, christliche Kirchtürme, chinesische Pagoden und indische Tempel in der gesamten Stadt. Neben den Bauten aus der architektonischen Vergangenheit prägen immer mehr Hochhäuser (vor allem im Bankenviertel) als Zeichen des Fortschritts Kuala Lumpurs das Stadtbild. Na ja, trotzdem sind die Sehenswürdigkeiten eigentlich an zwei Händen abzuzählen. Die Fahrt ging vorbei an den Petronas Twin Towers (Fotos oben und nebenan), dem Königspalast, der National-moschee und dem Sultan Abdul Samad Gebäude. >> s. auch KL-Bericht von Zenon

4. Tag: Der Ausflug führte uns südlich nach Malakka. Malakka wird seit 2008 auf der Liste der Weltkulturerbe der UNESCO geführt und liegt an der Westküste Malaysias, etwa 200 km nordwestlich vom heutigen Singapur. Diese historische Stadt war lohnenswert. Viel zu sehen gab es u. a. beim Besuch der St Peter's Church, den chinesischen Gräbern oder Chinatown.
5. Tag: Der Regenwald-ausflug zur Orang Asli Farm sollte der Höhepunkt werden. Ein "Ureinwohner" begab sich mit uns, wir waren vier Personen, für 2 Stunden in den Regenwald (Foto). Es ging über Stock und Stein, durch reißende Bäche, über glitschige Felsen und durch ekelige Tümpel. Er bahnte uns den Weg durch mit allen möglichen Schlingpflanzen überwucherte Pfade.

Heilfroh waren wir eigentlich, wo wir wieder "draußen" waren. Auf der Rückfahrt entdeckte ich an mir einen sehr unangenehmen Blutegel, der mich schon halb ausge-saugt hatte. Zu abendlicher Stunde liefen wir zu den Twin Towers und die Fotosession machte einen Heidenspaß! (Foto) War schon toll, sich vorzustellen, wie da oben Jacky Chan oder Sean Connery Szenen für ihre Filme gedreht hatten. 6. Tag: Bärbel und ich bahnten uns einen Weg durch den Verkehr und besuchten per pedes nach vielen Irrwegen den KL-Tower. Der Lohn war ein traumhafter Ausblick auf Kuala Lumpur. 7. Tag: Ein Kurztrip führte uns, vorbei an einer Zinn- und einer Batikfabrik (Textilfärbe-verfahren, bei dem Muster und Verzierungen in Handarbeit mit flüssigem Wachs mit einem als Tjanting bezeichneten Werkzeug auf das Gewebe aufgezeichnet werden) zu den Batu-Höhlen.

272 Stufen mussten wir erklimmen, ehe wir in der Kalksteinhöhle waren, wo sich der Schrein der hinduistischen Gottheit Murugan befindet (Foto). Freche nach Essen bettelnde Affen ärgerten uns bei der Besichtigung der Höhle. Abends lief ich im Fitnessstudio auf dem Laufband. Nach 4 km musste ich absteigen, mir war hundeelend. Nach dem Versuch eines Bierchens in der Hotel Lounge musste ich mich übergeben, ich war völlig am Ende, was war nur passiert…und das kurz vor einem Marathon-lauf? 8. Tag (18.11.): Heute war der Flug von "KL" nach Penang, einer Insel an der Nordwestküste Malaysias. Ich quälte mich ins Taxi. Der Fahrer fuhr uns auf den internationalen Flugplatz. Am "Check In" sagte man uns, dass wir auf dem falschen Flugplatz seien. Na prima! Irgendwie kamen wir aber doch noch rechtzeitig auf dem anderen Flugplatz in Subang an und auch dann auf Panang in unserem neuen Hotel Shangri-La's Rasa Sayang Res&S.

Vorsichtig versuchte ich mich abends dann in einer Garküche an einheimischen Essen. Zwei Tage vor dem Marathon, nachdem wir uns den ganzen Tag ausgeruht und gesonnt hatten, versuchte ich, 5 km am Stück zu laufen, es gelang! Am 20.11. galt es die Startunterlagen abzuholen. Wir trafen uns an der "Queensbay Mall" mit Hanno und wickelten problemlos die Formalitäten ab. Danach fuhren wir zum Kek Lok Si Tempel (Foto), einem der Highlights in Asien, eine chinesisch-buddhistische Kultstätte, welche als eine der Größten in Südostasiens gilt. Der "Tempel des höchsten Glücks" kann dank Spenden der Bevölkerung ständig erweitert werden. Es ist eine unbedingt zu besuchende wunderschöne Anlage, was die gemachten Fotos beweisen.

Um 20 Uhr Ortszeit war Bettruhe angesagt, hatte vorher "Wecken um 23.30 Uhr" und "Taxi 24 Uhr" bestellt. Ob ich geschlafen habe? Keine Ahnung, 23.30 Uhr klingelt jedenfalls zweimal mein eigener Weckruf, ich sackte meine Sportsachen und verkrümelte mich in Richtung Hotelausgang, während Bärbel genüsslich weiterschlafen konnte. 11. Tag (21.11.) und Marathontag: Besser gesagt, heute ist Marathonnacht! Verflucht, es ist 0.10 Uhr, Taxi ist auch nicht gekommen, aber da sehe ich einen Läufer im Hotel. Es ist Dave aus England zusammen mit zwei Sportfreunden. Ich bin happy, sie nehmen mich mit ihrem Taxi mit zum Start an der Queensbay Mall. Wir ziehen uns langsam um, es ist 1.10 Uhr und es ist drückend heiß, schwül, stockfinstere Nacht, ich denk so 35 Grad warm und bestimmt 100 % Luftfeuchte! Ich gebe den Kleiderbeutel ab und menge mich unter die Meute am Start. Ich frage Dave (Foto), wie das Wetter wird. Der lacht nur und sagt: "I don`t know"...ein Glück, dass er und ich es nicht wussten!

Punkt um 2.00 Uhr nachts dann der Startschuss, über 1000 Marathonläufer nahmen die Strecke in Angriff, nichts ahnend, was sie erwartet.

Ich merkte sofort, dass mein Körper durch die vortägigen gesundheitlichen Probleme noch geschwächt war und dann diese verflucht feucht-warme Luft, das nimmt einem den Atem! Jetzt liefen wir nicht nur langsam hoch in Richtung Brückenmitte, sondern die Fahrbahn war auch noch leicht schräg, d. h. ich kam mir vor wie ein Hanghuhn. Rechtes Bein unten, linkes Bein oben… In der Mitte der Brücke dann eine Verpflegungs-station - die Verpflegung klappte insgesamt wunderbar - und plötzlich klatschten da auch ein paar Leutchen. Selbst die Einheimischen hatten zu tun. Das Feld zog sich schnell auseinander und wir liefen ohne irgendeinen Fan am Straßenrand in die Nacht hinaus. Nach ca. 8 km schwenkten wir auf die Penang Bridge, die von der Insel ca. 13 km rüber aufs Festland von Malaysia führt.

Na klar, bevor ich völlig fertig bin, mach ich 'n paar Fotos.Das gab wieder Auftrieb! Jetzt langsam wieder von der Brücken-mitte die restlichen Kilometer abwärts laufen bis auf die andere Seite. Wie schnell ich war? Keine Ahnung! Ich hatte das Gefühl, bei diesen Bedingungen hätte mich jede Schildkröte überholt.

Dauernd blitze es jetzt um mich, macht hier noch jemand außer mir Fotos? Oh Gott, was für ein böses Grollen jetzt um mich, die anderen Läufer ducken sich ebenso wie ich.

Das andere Ufer ist erreicht, rumlaufen um den Wendepunkt, irgendetwas von 18,679 km steht da. Als exakter deutscher Läufer komme ich damit überhaupt nicht klar, ich wollte eigentlich runde km-Angaben haben, aber die gab es hier nicht. Langsam lief ich die Penang Bridge wieder aufwärts, es war beunruhigend ruhig um mich. Plötzlich war es mit einem Schlag total hell, ich kam mir vor, als wären alle Lichter einer Flutlichtanlage auf mich gerichtet; ein Brausen, Grollen, Donnern und Brüllen und dann tat sich die Erde auf…

Peitschende Wasser-massen übergossen sich plötzlich über uns. Die Naturgewalten spielten mit uns und ich kam mir so klein vor. Die Temperatur fiel sofort runter auf 25 Grad Celsius, ein Glück nur! Ich sah nur noch schemenhaft die Läufer vor mir. Wir sind pitschnass, aber durchbrechen mit unseren Körpern die Wasserfluten. Jetzt kommt noch Gegenwind, es ist so grauenvoll, unbeschreiblich! Das war der Moment, wo ich diesen Marathon gehasst habe. Ich beachte die Mitte der Brücke überhaupt nicht mehr, es ist mir scheißegal, ich will nur noch runter, jetzt kommen die km 21,137, die armen Halbmarathonies stoßen zu uns, die 3 Uhr und 3.15 Uhr nachts gestartet sind.

Die vielen kleinen malaysischen Läuferinnen konnten sich kaum gegen das herabstürzende Wasser und den Wind behaupten. Ich hätte sie allen umarmen wollen und mit mir nehmen. Die Brücke ist geschafft, das Unwetter lacht mich aus: "ätsch!" sagt es, "jetzt musst Du rechts rum, voll gegen den Wind und immer weiter weg vom Ziel". Ich könnte heulen, ich gehe erstmalig, nichts mehr mit Laufen, mein Körper ist am Ende. Meinen treuen Glücksbringer, ein Amulett von Tutanchamun, fasse ich immer öfter wieder an. Komm Tuti, sage ich, lass mich nicht im Stich! Ich setz noch einen drauf, ich denk AMUN, den altägyptischen Sonnengott, ich glaub das tat ich auch damals 2006 beim Istanbul-Marathon… Unendlich verläuft die Strecke weiter über die Straße, auf und ab, ich sehe bis sonst wohin keinen Wendepunkt. Endlich! Durch die peitschenden Regenmassen sehe ich plötzlich das Schild 32,988 km und jetzt noch 10 km zurücklaufen, oh mein Gott. Auf die Uhr schau ich nun nicht mehr. Da, endlich ist mal ein "ordentliches" km-Schild, die "35". Ich weiß nicht, ob die Fotos, die ich hier mache, auch was drauf haben außer Regentropfen, geht die Kamera überhaupt noch?

Ich lasse mich jetzt bis ins Ziel treiben, ist alles egal, nur noch ankommen. Inzwischen sind die Halbmarathonies wieder bei uns auf der Strecke. Keiner rennt mehr, alle gehen nur noch, ich nun auch. Aber langsam komme ich wieder in Tritt, ich lasse mich nicht anstecken von der allgemeinen "Volkswanderung" der anderen Läufer! Ich bin jetzt an der Queensbay Mall, lasse sie rechts liegen und durchtrenne - die Wassermassen von oben lassen plötzlich nach - endlich das von mir gedachte Zielband. Ich glaube, ich bin "Der letzte Marathonie"! Die Uhr zeigt um 6.15 Uhr früh 4.15.55 h als Nettoendzeit an. So langsam denke ich, aber geschafft! Es ist mein 46. Land im 82. Marathonlauf und nun der 9. Platz im "World Country Club"! "Wer nicht das Unmögliche wagt, wird das Mögliche nie erreichen", diesen Spruch las ich vor kurzem und musste im Ziel daran denken….

Am Ende meiner Kräfte hole ich meine Sachen, treffe auch Dave. Und Hanno, der "alte" Haudegen (Foto), hat mal ganz locker den Fun Run 10 km fast gewonnen und kommt lächelnd an. Er konnte nicht ahnen, was wir ab 2 Uhr nachts durchgemacht hatten… Im Hotel angekommen, klopfte ich dann an unserem Hotelzimmer an. Bärbel öffnete mir, sie war froh dass ich es geschafft hatte. Die nächtlichen Natur-kapriolen hatte sie natürlich auch im Hotel mitbekommen. Und nun, nach ausgiebigem Duschen, gingen wir gemeinsam einfach mal um 9 Uhr zum Frühstück, ich hatte ihr viel zu erzählen... Abends nach meiner obligatorischen Sektparty mit Bärbel schlief ich endlich den "Schlaf der Gerechten".

Den nächsten Tag las ich im Internet, dass ich bei den Marathoniens beim 26. Penang Bridge Marathon den 165. Platz von weit über 1000 Läufern erreicht hatte. Und ich dachte, dass ich fast der letzte gewesen wäre. Das sagt alles über die Schwierigkeit dieses Marathonkurses an diesem 21.11.2010. Am Ende waren 25.000 Läufer und Walker auf den verschiedenen Strecken unterwegs gewesen. Aber den vollen Marathon in Penang zu laufen, das sollte sich jeder überlegen! Das Wetter wird und kann besser sein, aber die Strecke zu laufen, im Dunkeln, jeder für sich allein, das ist grausam, ohne irgendwelche Höhepunkte, ohne Zuschauer…

Im Ziel war dann aber die Party, es war absolute tolle Stimmung, sicherlich wesentlich mehr von den Läufern der kürzeren Strecken ausgehend. Die Organisation des Events war prima gewesen, auch das Preisleistungsverhältnis. Am 23.11. unternahmen Bärbel und ich eine Halbtagestour mit dem Shuttle-Bus nach George Town, der Hauptstadt von Penang, auch Weltkulturerbe der UNESCO. Dort ist eine sehr interessante Altstadt, zahlreiche Moscheen, Kirchen, hinduistische und chinesisch-buddhistische Tempel, auch ein tolles Indischen Viertel. Abends war natürlich Garküche mit einheimischen Tigerbeer angesagt. Die nächsten Tage ruhten wir uns in unserer Hotelanlage aus und sahen uns am 26.11. die restlichen Gebiete von George Town einschließlich einer Shoppingtour an. Von 30 Grad Celsius verabschiedeten wir uns am 29.11. aus Malaysia und sollten bei eisiger Kälte wieder in Dresden ankommen….

20 km: 1.48.04 h 1.48.04 h
35 km: 1.45.44 h 3.33.48 h
Ziel: 42.07 min 4.15.55 h

>> Meine Marathonstatistik
>> Bericht River Jungle Marathon (Malaysia) >> Bericht Putrajaya Marathon (Kuala Lumpur)

 

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