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08.09.2017:
Freitag spät abends um 23:40 Uhr in Vilnius,
der Hauptstadt Litauens, angekommen, klappte der Check-in vorzüglich
mit dem bestellten Taxi und dem mir gesendeten Einlasscode in mein
Hotel Bookinn B&B. Nach einem Sturzbier in einem Pub nahe dem
Hotel sah ich mir mein Zimmer an. Tja, sonst nicht der Rede wert,
aber hier
das Zimmer wie auch das Hotel bestand nur
aus Büchern, da Bücher, hier Bücher, dort Bücher,
unterm Bett Bücher und die Lampen auf Büchern (Foto).
Na ja, bei der Buchung hätte mir das beim Hotelnamen Bookinn
auch auffallen können. Auf so viel Literatur versuchte ich
zu schlafen, hatte aber nicht bedacht, dass die Autos eigentlich
nachts (tagsüber sowieso) direkt durchs Zimmer fuhren, da die
Fenster null Schallschutz hatten und die Straßen
vor den Fenstern aus historischem Pflaster bestanden, zumal ich
hier im Zentrum war. Damals hatte ich total die Schnauze voll, heute
sage ich okay, einfach mal schwer reingegriffen und dämlich
gebucht.
09.09.2017:
Immerhin wohnte ich nahe der Altstadt
und so schlenderte ich zur Kathedrale, war 10 Uhr da und wollte
mich mit Michel, auch einem Country Club Läufer, treffen. Er
war aber leider nicht da, hatte umgeplant. So holte ich mir auf
dem Domplatz meine Startunterlagen (Foto)
und entschied mich danach für eine geführte Vilnius City
Bustour.
Vilnius
ist schon eine imposante Stadt mit ihren über 500 000 Einwohnern,
vom Fluss Neris geteilt, erinnerte sie mich an Dresden. Und mir
gefiel die Altstadt (Foto) oder
die alten Holzhäuser im Norden und die vielen jungen Engelchen
im Zentrum. Nach 90 Minuten endete die Stadtrundfahrt wieder am
Domplatz
und ich ging zu Fuß die Fußgänger-straße
Pilies hoch, da ich unbedingt die St.-Annen-Kirche nochmal
von außen und dann von innen sehen wollte. Zurück auf
dem Domplatz war dort die Pasta-Party in vollem Gange. Ich ließ
es mir schmecken und traf auch durch Zufall Michel. Wir machten
eine Fotosession für John
Wallace (Foto), unserem
Country Club Präsidenten. Weiter
ging ich zurück zum Hotel, was auch ein ehemaliges Kloster
war und direkt an der Heilig-Geist-Kirche anlehnt. Ich ruhte mich
bis halb acht aus, saß dann gelassen bei ein paar Bierchen
im Etno Dvaras, direkt an der Pilies..
10.09.2017:
Vor dem Wecker klingeln stehe ich auf, die Autos waren mir wieder
direkt durch den Kopf gefahren, so fühle ich mich. Wenige Minuten
Fußweg brauchte ich bis zum Start auf dem Domplatz. Geil,
diese Kulisse hier, Massen von Läufern, die den Halben und
den Marathon laufen wollen.
Ich
gehe in den E-Block, den letzten am Ende des Läuferfeldes.
Hier läuft einfach nur die Spreu und das Krampfader-geschwader.
Dieses Wort sagte mir mal ein alter Läufer in Thailand. Der
hatte völlig kaputte Knochen, wollte aber unbedingt dieses
geile Gefühl des Marathonlaufens trotz seiner vielen Gebrechen
nicht missen
. Die Sonne scheint, es ist tolles Wetter mit
ca.18 Grad, wie bestellt! Ein Offizieller hält auf der Tribüne
über dem Startband noch eine kurze Rede und ab geht es um 9
Uhr. Nach ca. zwei Minuten laufe auch ich über das Startband
unter vielen Flaggen und den Offiziellen drunter hinweg. Wir laufen
gleich über den Fluss Neris und am anderen Ufer entlang. Und
da ist wieder die Blumeninschrift an der Uferbefestigung,übersetzt
mit Ich liebe Dich.
Ich
mache viele Fotos. Nach 2,5 km erste Gehpause. Sofort fragt mich
eine besorgte Läuferin: Oh, geht es Dir g ut? Na
klar, no problem! Einige Engelchen fliegen an mir vorbei.
(Foto). Ich fühl mich so
wohl. Nun nehme ich wieder Fahrt auf. Kurz vor der Nerisbrücke
zum Vingio Park ist das 5 km Schild. Ha! 30:00 min, das soll einer
mal nachmachen, so genau zu laufen! Da liege ich 2 min vor meinem
Zeitplan. Der hat zum Ziel 5:30 h, da ist Deadline und
genau zu diesem Zeitpunkt soll das Ziel geschlossen werden! Wir
laufen durch den grünen Park Vingio (Foto),
es macht mir einfach so unendlich viel Spaß! Nach Gehpausen
bin ich schnell an der 10 km Marke, wo wir den Park wieder verlassen.
Es geht nun wieder am Fluss entlang, es ist alles sehr gut abgesperrt.
Bei km 15 laufe
ich auf die lachende Julia auf und sie mir ins Bild. Oha, irgendwie
kommen wir sofort ins Gespräch. Sie sagt. du hast bestimmt
schon viele Marathons gemacht. Ja, über 100 und
hier könnte es mein 70. Marathon-Länderpunkt werden.
Was, 70 Länder, unglaublich!
Sie
ist gut drauf, heute ist hier ihr 6. Halber und sie
strahlt so viel Lebensfreude aus! Ich bin bei einer Bank in
Amsterdam, es ist aber langweilig, du bist Bauingenieur, das ist
doch viel interessanter, sagt sie.
Die Zeit verfliegt, da ist plötzlich bei km 18 ihre Mutter,
na ja, wenn Julia 25 ist, ist ihre Mutter auch noch topfit! Wir
laufen und gehen dann zusammen auf den meistens jetzt von Zuschauern
gesäumten Straßen, haben viel Spaß und reden ununterbrochen.
Sie zeigt mir stolz die Sehenswürdigkeiten ihrer Heimatstadt,
da
z. B. ist die beste Aussicht auf Vilnius, Foto machen, unbedingt
(Foto)! Knapp vor dem km 20,
da laufen wir in Uupis ein. Sie erklärt mir,
dass das hier die unabhängige Republik Uupis ist, die
über eine Verfassung, eine Flagge und einen Präsidenten
verfügt. Die zwölf Mann starke Armee wurde inzwischen
wieder aufgelöst, weil Uupis sich in seiner Verfassung
als weltweit einziges Land zu einem völligen Gewaltverzicht
verpflichtet hat.
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Da ist das
Café Uupio Kavine, es ist das Parlamentsgebäude.
Ja und dort, da ist auf einer Bronzetafel die Verfassung niedergeschrieben
worden. Das ist geil, denke ich und muss sofort ein Foto machen,
nachdem ich die ersten Zeilen gelesen hatte. Auf dem Hauptplatz
des Viertels ist ein Denkmal, das Symbol von Uupis, es stellt
einen Engel dar, der Trompete spielend die Erneuerung und die künstlerische
Freiheit des Stadtteils symbolisiert. Seither wird Uupis auch
Engelsrepublik genannt. Na ja, ich höre aus ihren
Worten heraus, so ganz koscher sind und sehen die aber
alle hier nicht aus
. .
Kurz
vor dem Ziel des Halbmarathons machen wir mit Ihrer Mutter letzte
Fotosession (Foto). Ich merke,
Julia ist doch ein bissl platt, trotzdem sprintet sie in 2:14:57
h ins Ziel. Hier am Ziel ist totales Tohuwabohu. Schade,
dass ich das jetzt und hier nicht mit Julia genießen kann.
Aber ich muss jetzt auf die 2. Runde. Mit einem Schlag sind nur
noch wenige Läufer um mich drum herum. Auf gehts! Wieder
rüber über den Fluss Neris, vorbei an alten Holzhäusern
(Foto), an Kirchen und anfeuernden
Kirschen. Da kommt endlich km 25! So geil! Im
happy. Das kann aber noch lang werden, denn ich hänge trotzdem
ein wenig mit 2.42:02 h in der Zeit. Ab hier wird gegangen, wie
geplant. Ich muss aber schnell gehen, für jeweils 5km müssen
es 48 min werden. Mir wird es mulmig, ist das zu schaffen? Zuschauer
und Helfer fragen mich besorgt, ob es mir gut geht, ich sollte doch
rennen, wenn alles okay ist. Nee, nee, sag ich,
alles okay, das gehört zu meinem Plan. Ich gehe
wieder durch den Park Vingio, inzwischen überholen mich viele
Läufer, da ich ja mit ca. 6,5 km/h doch ein Stück langsamer
bin.
Das passt,
die ersten Geh-5km absolviere ich in 47:46 min, und
da ist das 30 km Schild, direkt auf der Festwiese im Vingio
Parko Estrade, wo solche Künstler wie Lady
Gaga oder Robby Williams aufgetreten sind.
Weiter
geht die Hatz, ich gehe zum Endpunkt einer weiten Schleife, sehe
schon den Dom, aber da gehts auch schon wieder bei km 34 zurück.
Nur noch wenige Läufer kommen an mir vorbei. Da vorn ist km
35. Ich rechne hoch, bis zum Ziel noch 7 km, oha, Mist, das kann
noch verdammt eng werden mit der Endzeit unter 5:30 h Mein
Gott! Jetzt bei km 36 links rüber auf die Gedimo street,
die lange Stalin-straße, die ins Zentrum führt. Jetzt
ist rechts das Museum der Opfer des Genozids, das ehemalige KGB-Haus.
Da hatte ich vor einer Runde Julia kennengelernt. Ich bin in der
Altstadt, jetzt leicht bergan gehen bis zur City Hall bei km 39.
Vorbei am Hochplateau. Und da ist, Scheiße, wo, wo denn???
Wo ist plötzlich das 40 km Schild? Irgendjemand hat es geklaut?
Ein böses Omen? Umgehauen ist es, da vorn. Ich lege mich etwas
mühevoll daneben und knipse so ne Art Selfie (Foto).
Ich quäle
mich wieder hoch, nach 40 km geht das alles sehr behäbig. Und
weiter, jetzt gehe ich wieder durch die Republik Uupis,
gehe dann vorbei an der St.-Annen-Kirche. Ich fliege, nein, natürlich
gehe ich, aber ich sehe da hinten den Domplatz, ja so geil, ich
habe wieder diese Endorphine oder wie das heißt.
Das
Runners-High durchströmt meinen Körper, ich reiße
jetzt schon innerlich die Arme hoch, könnte hier jeden umarmen.
Da hinten ist das Zielbanner, die Offiziellen stehen immer noch
drauf, haben sich bestimmt abgelöst. Und die Zuschauer klatschen,
scheinbar auch, wenn einer wie ich so spät kommt.
Das ist stark, im Augenwinkel sehe ich mich auf einer Leinwand über
dem Domplatz schweben. Noch eine kleine Kurve nach rechts und ich
sehe meine Bruttozeit, es klappt gerade so unter 5:30 h. Ich gehe,
den Augenblick soooooooooooo genießend, durchs Ziel.
5:25 44 h netto! Es ist
geschafft! Mein 70. Land, wo
ich Marathon gelaufen bin. Damit bin ich unter den ersten 20 Menschen,
die dieses Ziel erreicht haben. Ich sauge die Atmosphäre ein,
denn es sind hier noch so viele Sportler, freiwillige Helfer, Organisatoren
und Zuschauer. Hier ist noch so viel los, weil eben jetzt vor allem
viele kleinere Läufe stattfinden. Ein Wahnsinnsevent, jetzt
werden gerade die
4,2 km gestartet und so viele Engelchen sind dabei (Foto)
Irgendwann hat alles ein Ende und ich muss auch hier loslassen und
gehe doch etwas traurig ins Hotel zurück. Dort angekommen,
ruhe ich mich 2 Stunden aus, ehe ich mir abends eine riesengroße
Pizza leiste. Oh, oh, ich schlafe spät abends schlecht ein,
das war doch heute ein sehr hartes Stück Arbeit
gewesen, die Zeit unter 5:30 h zu schaffen. Auch schnell gehen will
eben gelernt sein.
11.09.2017:
Früh aufstehen an diesem Montag geht absolut nicht, ich habe
totalen Muskelkater, ist ja schlimm. Vorsichtig trolle ich mich
doch vors Haus und besuche dann zu Fuß, sehr unrund gehend,
das Gedeminas Castel. Anschließend, da ich noch
Zeit habe, schlendere ich, na ja, quäle mich doch mehr durch
die Altstadt. Mache einige Ruhepausen, besuche das Gate
of Dawn, das Tor der Morgenröte. Es sollen heilige
Kräfte an diesem Ort
Wunder bewirken, sagt man. Langsam zieht es mich zum Bus-Platz.
Für 1 (einen!) € fahre ich mit einem kleinen Trolleybus
zum Flughafen und bald werde ich wieder zu Hause sein. Es war schön
und aufregend und jedem kann ich Vilnius für einen Kurztrip
nur empfehlen.
5 km: 30:00
min 30:00 min
10 km: 31:17 min 1:01:17 h
15 km: 31:07 min 1:32:24 h
20 km: 34:48 min 2:07:12 h
25 km: 34:50 min 2:42:02 h
30 km: 47:46 min 3:29:48 h
35 km: 48:59 min 4:18:47 h
40 km: 48:49 min 5:07:36 h
Ziel: 18:08 min 5:25:44 h
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