"Ein grenzüberschreitender Lauf der besonderen Art"

3. Bieg Polesie

10.08.2013

Bericht von Zenon Karczewski


10.08.2013 Bieg Polesie Zbereze/Adamczuki Es gibt Laeufe, die man schnell vergisst und andere, von denen man schwaermt und an die man sich lange erinnert. Dieser Lauf gehoert auf jeden Fall zu der letzteren Kategorie. 7:30 fahren ich von unserem Urlaubsdomizil in der Nähe von Chelm los. Bis 9:00 Uhr muss man am Start sein, um den Pass für die Grenzkontrolle abzugeben und die Start-unterlagen zu holen. Der Start selbst wird erst 11:00 Uhr erfolgen. Nach einer Stunde Autofahrt sind wir in dem Grenzort Zbereze. Wir biegen von der Asphalt-strasse auf einen sandigen Feldweg ab und gelangen nach ca. 300 Metern auf einen provisorischen Parkplatz, der auf einer Wiese direkt am Ufer des Grenzflusses Bug eingerichtet wurde. Ich melde mich an und bekomme - im Austausch gegen meinen Pass - eine Startnummer und ein schönes Funktions-T-Shirt.

Es ist jetzt schon sehr heiss - ca. 30 Grad. Später wird es noch viel schlimmer. Keine Wolke am Himmel, von den fuer heute vorhergesagten Gewittern ist nichts zu sehen und zu hören.

Mein Bruder, der mich begleitet aber selbst kein Lauefer ist, verabschiedet sich und will nach Wlodawa und anschliessend nach Sobibor fahren. Ich bleibe auf dem Platz vor dem proviso-rischen, extra fuer die Tage der Guten Nachbarschaft eingerichteten Grenz-uebergang, suche den Schatten und warte auf den Start. Eine Pontonbrücke verbindet die beiden Ufer und die beiden Laender - Polen, das mitttlerweile seit 8 Jahren zur EU gehoert und die grosse Ukraine auf der anderen Seiten. Die Geschichte der beiden slawischen Voelker war wechselvoll und oft tragisch. Die jetzigen Europäischen Tage der Guten Nachbar-schaft dienen dazu, die Menschen auf beiden Seiten des Bug wieder naeher zu bringen. Fuer mich ist es eine Prämiere - ich war noch nie in der Ukraine und freue mich, diesen grenzüberschreitenden Lauf in dieser schönen Landschaft bestreiten zu dürfen.

Ab etwa 10:00 Uhr sind die Medien da. Miroslaw Bieniecki (Foto ganz links) - der Direktor des Laufs und einige Lauefer geben Interviews fuer das lokale Fernsehen. Es folgt die Passkontrolle durch einen polnischen und einen ukrainischen Grenzbeamten (Foto)

Jeder der 65 Teilnehmer wir aufgerufen und muss sich zeigen.11:00 Uhr ist es dann soweit. Ein lokaler Politiker aus Wlodawa schickt die Teilnehmer mit einem Gewehr-schuss auf die Strecke. Nach ca. 30 Metern erreichen wir die Bruecke. Ich laufe an der Spitze, halte dann auf der anderen Seite des Flusses an und mache mehrere Bilder (Foto nebenan). Es gibt 3 Disziplinen: 34 und 17 km Laufen und 17 km Nordic Walking. Ich habe mich auf Grund der Hitze und der schwachen Form fuer die 17 km entschieden. Nach ca. 300 Metern, auf der ukrainischen Seite, machen wir , die "Halben" , zunaechst eine Pause und warten auf die PKWs, die uns zum Switaz-See (nicht zu verwechseln mit dem Switez-See, den der polnische Nationaldichter Adam Mickiewiecz in seinem Werk Switezianka berühmt gemacht hat) bringen sollen. In einem alten Renault fahre ich mit 2 polnischen Lauefern und einer Laeferin, zunaechst auf einem holprigen Kopfsteinpflasterweg, dann auf einer Asphaltstrasse Richtung Schack. Neugierig betrachten wir die bunten ukrainischen Dorfern, an denen wir vorbeifahren.

 

Nach ca. 40 Minuten kommen wir zum Switaz-See und fahren direkt an dem schoenen Gewässer entlang. Es ist heiss und es ist Wocheende. Tausende Ukrainer aus der ganzen Umgebung suchen Akuehlung und Erholung an dem flachen, familienfreundlichen See (Foto).

Die Uferstrasse ist vollgestopft mit Autos, keine Chance bis zu dem noch ca. 3 km entfernten Startort zu gelangen. User ukrainischer Fahrer telefoniert hin und her, dreht anschliessend kurzerhand um, faehrt zuruck und laesst uns im Wald, an einer Verpflegungsstellen aussteigen.

Von den anderen Autos ist nichts zu sehen und es dauert noch eine ganze Weile, bis das Dutzend der 17-km Laeufer und etwa genauso viele Nordic-Walker sich alle an diesem Ort einfinden. Inzwischen haben mehrere Teilnehmer der langen Strecke diesen Punkt erreicht und mussten erfahren, dass hier die Umkehrstelle ist. Angesicht der gluhenden Hitze ist aber Niemeand boese, dass er heute ein paar Kilometer weniger laufen muss. Gegen 12:15 startet der "17km-Lauf", der am Ende genau 13 km lang sein wird. Wir laufen auf weichem, sandigen Boden, auf sonnenueberfluteten Waldwegen. Nur selten gibt es ein wenig Schatten. Ich fange verhalten an, merke aber schnell, dass die Anderen auch nicht gerade die Schnellsten sind. Ich beschleunige leicht und befinde mich nach 2 Kilometern schon an 2. Stelle. Diesen Platz werde ich bis zum Schluss verteidigen können. Es ist hoellisch heiss. Gefuehlt herrschen 40 Grad. An manchen Stellen ist der sandige Boden so weich, dass man foermich stehen bleibt.

Ein ukrainischer, junger Laeufer, der die lange Strecke laueuft, holt mich ein. Wir laufen ein Stück zumsammen und unterhalten uns ein wenig. Es gibt keine Verstaendigungsprobleme, obwohl jeder von uns eine andere Sprache spricht. An der naechsten Verpflegungsstelle lasse ich ihn ziehen ...

Nach ca. 10 Kilometern gelange ich auf einen schnurgeraden, offenen Feldweg. Es folgt eine 2 Kilometer lange Qual in der sengenden Hitze. Ich schaue mich um - der naechste Läufer ist weit hinter mir und bis zum Ziel ist es auch nicht mehr weit. Kurz vor der Bruecke mache ich noch ein paar Fotos und kurz danach bin ich im Ziel. Ich nehme eine schoene Medaille in Empfang. Anschliessend bade ich mit ein paar anderen Laufern im Bug (Foto) und gebe ein Intreview dem Reporter von Polesie24.pl. Es gibt sehr viel zu essen - u.a. die leckeren Speziali-taeten dieser Region bialy barszcz und czerwony barszcz.. Es ist 15:00 Uhr. Wir koennen noch nicht nach Hause fahren sondern muessen auf die Siegerehrung (und unsere Pässe) warten. Diese wird erst anfangen wenn der letzte Teilnehmer im Ziel ist.

Nicht so schlimm. Wir trinken noch ein Bier und geniessen die schoene Stimmung. Irgendwann mal, so gegen 16:00 Uhr ist es so weit. Die Siegeehrung findet auf einer grossen Buehne statt. Die Gesamtsieger werden mit Pokalen geehrt. Alle anderen Teilnehmer bekommen kleine Preise. Eine herrliche Veranstaltung, bei der man ueber die kleinen organisatorischen Unzulaenglich-keiten gerne hinwegsieht. Und ein ganz besonderer "Laenderpunkt" ist es für mich auch.

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