Bericht vom 1. thüringenULTRA 07.07.2007

Text und alle Fotos von Mirko Leffler (email: Photo@photo-perfect.de)

Mirko--Uwe-KM-74Ein Dorf träumt friedlich eingehüllt in tiefschwarze Nacht. Nur vereinzelte Sterne senden ihr Licht. Aus weiter Ferne. Schlafe ich noch? Leider nein! Denn in meinen harmonischen REM-Phasen hätte der vorübereilende Läufer auf "Guten Morgen!" sicher reagiert. Halbstark entfährt mir "Wir grüßen wohl nicht?". Doch schweigend hat ihn das Dunkel verschlungen. Bestimmt ist der Kollege taubstumm oder hat sein Hörgerät ausgeschaltet! Niemand darf die himmlische Idylle gefährden. Für uns: Christian Marx, Uwe Kaiser und mich. Denn zusammen ziehen wir dem Sportplatz entgegen. 100 Kilometer laden zur Reifeprüfung. Nicht in Biel oder Übersee - sondern in der Heimat! Also in Thüringen. Vielmehr Fröttstädt. In dieser bislang bloß von navigationsunfähigen Sonntagsfahrern georteten Gemeinde wird am 07.Juli 2007 Geschichte geschrieben. Dank des Teams um den grandiosen Organisator Gunter Rothe! Doch kurz vor 4.00 Uhr brennt es. "Lauffeuer Fröttstädt" - der Name ist plötzlich Programm. Sorgt die Feuerwehr auch hier manchmal für genügend Arbeitsplätze? Flinke Hände entfachen mannshohe Schwedenfeuer. Glück gehabt, heute wird damit einfach der Weg erhellt! Und damit für über hundert Wettkämpfer. Schon startet der 1.thüringenULTRA. Emotional berauscht schwärmen wir in Richtung Autobahn A4. Am Himmel glitzert der Halbmond und verbreitet bei 12 Grad heimelige Romantik. Rasch haben wir uns im hinteren Feld angesiedelt. Noch freiwillig. Gunter hat Christian dieNummer "77" gesichert und mir die "17" reserviert. Aber nebenan trabt der Superstar: Uwe "Gebrselassie" Kaiser. Er ist der magische Geheimfavorit. Stolz schmunzelt die "1" rötlich von seiner Brust. Mit ausdauernder e-Mail-Korrespondenz hat sich Uwe die einmalige Startnummer erarbeitet. Wird er die geflüchteten Gegner entzaubern können? Uwe und ich lachen. Nur Chrissi will Energie sparen und spielt Til Schweiger. Im Laternenschein vor uns bewegen sich flink 4 Kameraden. Hm. Oder? Wir rätseln anhand der Rückansichten, wer von diesen Männern eine MännerIn sein könnte. Dabei wird der einzige Herr in diesem Quartett wenig später weit hinter den Damen liegen. So kann man(n) sich irren!

Uwe Mirko Andreas-KM 64
Bei Kilometer 8 ist der Tag erwacht. Ausreichend hell! Für einen Plausch mit Brigitte Zietlow aus Dietzenbach. Die 58jährige verblüfft mich. Nicht alleine mit ihrer unauffälligen Figur. Brigitte läuft erst seit 4 Jahren! Und hat nach dem ersten Halbmarathon gleich in Biel bestanden. Obwohl sie mit ihrem Mann über 10 Jahre Verpflegungspunkte betreute, haben Beide einfach die Fronten gewechselt. Als Über-Läufer? Hoffentlich bleibt das ein Geheimnis, sonst ist hier in ein paar Jahren komplette Selbstversorgung angesagt! Uwe hat genug gehört und beschleunigt. Unschuldiger Tau liegt auf grünen Blättern. Doch schlagartig erhebt sich ein Gigant. Der große Bruder des Kleinen Inselsberges hat seine Antenne weit in den Himmel geschoben. Wir strahlen. Nicht ahnend, dass uns Big Brother eisern beobachten wird. Doch die harmonische Ultrawelt verblasst nach ganzen 17 Kilometern. Mein leicht vorgeschädigter rechter Fuß setzt ein S O S ab. Sein erster Hilferuf! Dabei soll meine Glückszahl - die Siebzehn - eigentlich Gutes verheißen. Ist das ein Wink? Na klar! Denn wie schrieb der vergessene Bô Yin Râ dereinst? "Jedes Leid ist einer späteren Freude vorgesandtes, geheimnisvolles Zeichen." Na dann ignoriere ich das Signal eben wie ein Schreiben vom Finanzamt! Es bleiben also nur wenige Stunden. Christian ist wieder in Eile. Will er den Staffelläufern das Karma verderben? Gleich überholen die Ersten, die um 5.00 Uhr als Zweier- oder Viererteam auf die Strecke strömten. Nur Uwe wird am Berg langsamer. Sein Puls stöhnt! "Bis Kilometer 24 bleibe ich bei dir", verspreche ich. Vor uns gehen nun ebenfalls Ruth Jäger und Angelika Stark von der LG Rodgau. Die Athletinnen sind erfahrene Ultra-Powerfrauen. Ruth erzählt ausgelassen von Biel und dem Karlsruher Nachtlauf. Gemeinsam grüßen wir vorbeirauschende Staffelläufer. Dabei berührt es uns wieder: das unsichtbare Band der großen Familie! Auch ein graubärtiger Weggenosse überholt. Wie ein harmloses Reh blickt er aus lustigen braunen Augen. Und schreitet gemächlich vorbei.
Nicht jeder scheint das "Staffeln" bierernst zu nehmen! "Gleich hast du`s geschafft!" rufe ich, denn die Ruhlaer Skihütte ist in Sicht.

03-07 07 2007-Antje Uwe Mirko Christian-KM 50Nach 03:17:16. Genug getrödelt! Schnell das Abschiedsfoto mit Uwe. Schon sause ich los. Auf zum Sportplatz Floh-Seligenthal! Bald sehe ich Brigitte, Ruth und Angelika wieder. Noch 200 Meter, dann bin ich bei ihnen. Streift mich gerade der zarte Hauch des "Runner`s High"? Werde ich vorbeifliegen? Aber die Kolleginnen lassen mich nicht abheben. Oder gar näher kommen. Haben unsere Frauen denn keinen Respekt mehr vor dem frühmorgens noch so starken Geschlecht? Auch per Funk bekomme ich keine Verbindung. Ist Chrissi bei der Halbzeit? Schließlich erschüttern mich Wortfetzen:"Seligenthal…keine Luft mehr…steige aus!" Was ist da passiert? "Warte auf mich, wir müssen reden!" Schon bin ich hart gelandet. Auf dem geteerten Mommelstein-Radwanderweg, der früher einmal eine Eisenbahnstrecke war. Die Sonne leckt an meiner Haut und die virtuellen Gleise nehmen kein Ende. Ich hinke auf einem schmalen Pfad neben dem Teer. Nicht nur Uwe - Steinbruch vor Tambach-Dietharz (Km  59)körperlich. Momentan eigne ich mich bloß noch als ausrangierte Zugmaschine von Lukas und Jim Knopf. Eine, für die es keine Ersatzteile mehr gibt! War die Erholungspause nach dem Kassel-Marathon zu kurz? Erschöpft sehe ich ein weißes Leuchten. Es kommt direkt auf mich zu. Immer näher. Genau wie es Uwe beschrieben hat. Damals, als ihn der Familienhund zerfleischen wollte. Habe ich mir zuviel zugemutet? Ist gleich alles vorbei? Nein, es ist das Licht am Ende des alten Hundsrück-Tunnels! Vorerst. Also weiter, immer weiter! Um 11.00 Uhr trifft die rostige Lok an der Haltestelle Floh-Seligenthal ein. Bei Kilometer 50,4. Erstaunlich! Exakt nach Fahrplan. So wie mit Heiko Matz, dem geduldigen Fotografen der Thüringer Tageszeitung "Freies Wort", besprochen. Ein Artikel über die Erkenntnisse der Suhler Delegation soll kommende Woche die Leser begeistern. Vermutlich wird es ein Kurzbericht! Dort wurzelt auch Uwe`s fürsorgliche Schwägerin Antje. Gleich können die umfangreichen Wartungsarbeiten mit frischem Melkfett, neuen Shirts, Strümpfen und Schuhen beginnen. Sicherheitshalber! Sowie mit einer Portion importiertem Haferschleim. In der heimischen Hexenküche entschlüsselte meine glorreiche Marianne gestern den "genetischen Code" dieser undefinierbaren Masse. Die (hoffentlich) kostbare Mischung soll unsere Probanden-Mägen eine Weile lang biologisch abdichten. Lächelnd kommt mir Christian entgegen. Hat ihn die Zwangspause entspannt? Ist alles wieder schön? Die gute Antje konnte mit einem Asthma-Spray aushelfen! Auch wenn es - wie vermutet - nur als Placebo dienen wird. Unerwartet klingelt mein Handy. Uwe ist keine 10 Minuten mehr entfernt. Da kommt er wirklich! Mit Volldampf. Wie hat er das gemacht? Die Stimmung ist riesig! Sofort kann auch das "Fotoshooting" beginnen.

Gegen 11.25 Uhr fährt der restaurierte und neu formierte Express weiter. Doch ungestüm koppelt sich der Juniorwagen an der nächsten Steigung ab. Braust einfach davon. Werden wir Chrissi vor der Dämmerung wieder sehen? Ich schüttele den Kopf. Und bleibe an Uwe`s Seite. Laut Skizze lauert die giftigste Etappe der gesamten 2.150 Anstiegs-Höhenmeter. Schlagartig sind wir im falschen Film. Zwei überrumpelte Cowboys werden von fünf modernen Indianern umzingelt. Auf Mountainbikes! Haben wir Markierungen übersehen? Sind unbewusst in fremdes Territorium eingedrungen und müssen nun mit unterzuckerten Skalps zahlen? Ich atme schneller. Aber Uwe führt einen Freudentanz auf! Ist das die Rettung? Ja! Denn sogleich outen sich die Rothäute als Narren. Welche Wende! Es sind Uwe`s Kumpels vom Männerballett des Suhler IKALLA, die uns Laufen lassen! Nach der Verbrüderung geht es voran. Unverhofft treffen wir erneut auf eine alte Freundin. Diesmal liegt sie fast unberührt da: die nimmermüde Ebertswiese. Viel zu kurz küssen wir den Busen der Natur, weil unsere Rennsteiglaufgene intuitiv falsch abbiegen wollen. Obwohl das bei der perfekten Ausschilderung kaum möglich ist! Der tollkühne Plan, flink die Richtungspfeile zu ändern, wird verworfen. Zeitmangel! Natürlich schaffen wir es auch so, die "Rote Laterne" abzuwehren! Sofort geht es steil abwärts. Vorsicht! Zwergengleiche Gesteinsbrocken bearbeiten unsere Gelenke. Von ganz unten. Wollte Hape Kerkeling nicht wieder eine Auszeit nehmen? Für ein weiteres Buch? Sicher ist er seit Tagen im Wanderschritt auf dem Pilgerweg. Mit Marschgepäck und Stützstöcken. Moment mal! Hat die Heilige Elisabeth von Thüringen etwa heute ihren 800. Geburtstag? Tatsächlich! Dann ist Hape schon zur Feier in Richtung Wartburg aufgebrochen. Unterwegs wird er mit Schnaps auf den 07.07.07 anstoßen. Oh, solch eine Betäubung wäre genau richtig!

Christian Uwe Mirko-KM 504-Foto v  Heiko Matz
Uwe vor dem Grossen Inselberg (Km 12)

Wahrscheinlich beschreibt der Verwandlungskünstler in seinem neuen Verkaufshit, wie er vom rechten und linken Wege abkommt.Und nebenbei zwei Möchtegern-Ultras überrollt. Wenigstens wird meine Digitalkamera als Zeitzeuge überleben. Immerhin soll sie bis zu 100 Kilo Fremdeinwirkung überstehen. Aber ob das reicht? Sofort erhöhe ich die Geschwindigkeit. Bitte, Elisabeth, hilf! Doch es ist zu spät. Unbändige Schritte verhallen. Direkt hinter uns. Ängstlich schaue ich mich um. Hape trägt eine Startnummer! Die "98". Und heißt Andreas Hensel. Mit einem Rucksack, in den locker eine Gretel passen würde, überholt der Zwickauer. Lässt uns zurück. Alleine und ausgesetzt! Als Kollateralschaden der Ultraszene. Augenblicklich haben wir nur noch einen Beistand. Den ungeliebten "Besenmann". Per Rad. Was nun? Hauptsache ankommen? Eine Renntaktik muss her, bevor uns die Dunkelheit richtet! Denn das Zeitlimit liegt bei erbarmungslosen 18 Stunden. Erfreulich ist, dass unsere Pein wenigstens keine Zuschauer findet. Alle Pärchen und deren Gäste tummeln sich wohl am Thüringentag im Standesamt. Oder in der Kirche. Statistisch betrachtet, bleiben ja bei Liebesbekundungen an extremen Datierungen nur knapp 30 Prozent der Paare auf Dauer ohne Anwaltskorrespondenz. Ob das künftig wieder für mehr Belebung an der Strecke sorgt? Nach acht verpflegungsfreien Kilometern werden die geschundenen Gebeine durch eine aufmunternde Mikrofonstimme begrüßt. In Tambach-Dietharz.

Mirko und Tcchter JoyBei Kilometer 64 verweigere ich tapfer eine braungebrannte und aufreizend unverhüllte Bratwurst. Hah, da rastet Andreas, der Terminator! Aber wer ruht denn daneben? Bei einer Flasche Radler? Ups. Das dunkeläugige Rehlein von Kilometer 24, das doch kein Staffelläufer ist! Der Marktplatz hat soeben den letzten Fußtrupp vereint. Schnell steht das trügerische Rotwild und torkelt bergauf. Wie das verstörte Bambi, das gerade seine Mutter verloren hat. Sofort funkelt es in den Augen der unbarmherzigen Jäger. Wir nehmen die Witterung des scheinbar waidwunden Tieres auf, um es vor uns herzutreiben. Doch das scheue Reh flüchtet so rasant, dass wir kaum folgen können. Noch wissen wir nicht, dass unser Kitz ein listiger eidgenössischer Fuchs namens Bruno Schneiter ist, der mit trainiertem Gehschritt schon fünffach in Biel finishte. Und dabei so manchen Weidmann auf die falsche Fährte lockte. Arglos schließen wir auf. Trotzdem stimmt das Profil nicht mit der Karte überein. Wo bleibt das Gefälle? In meinen Schuhen toben Höllenwinde! Erfolglos wehrt sich der rechte Fuß gegen seine Mutation, die ihn gerade verdoppelt. Momentan helfen nur die Liebsten. Psychologisch brillant haben sie sich in Finsterbergen postiert. Herzensdame Marianne, Töchterchen Joy und meine leidgeplagten Eltern. Seit Stunden. Die aktuellen Fahrwerkschäden am Suhler Bummelzug haben zur Ankunftsverzögerung für Kilometer 74,4 geführt.

Christian, Uwe, Mirko (vlnr)Um 15.45 Uhr halten wir. Endlich! 11:45:05 lese ich auf meiner verkleinerten Bahnhofsuhr. Christian ist seit einer Dreiviertelstunde durch. Mit diesem satten Vorsprung darf er bald den prophezeiten warmen Regen genießen. Unter der Brause! Nur Mutti ist außer sich: "Du kannst nicht weitermachen!" Gerne würde sie ihren offenbar todgeweihten Sohn in das Auto zerren, aber der Familienbund verhindert das Inferno. Folgt die pädagogische Bestrafung? Entsetztes Minenspiel: "Was, kein Haferschleim?" Na gut. Insgeheim sind unsere Verdauungsorgane überlebensfroh, dass das erwärmte Gebräu vor unserem Eintreffen explodierte. Der Schleim hatte vorhin schon etwas voluminös gewirkt. Vielleicht war die Rezeptur fehlerhaft? Sofort lauschen wir. Aber noch herrscht Windstille im Magen-Darm-Trakt. Mama kann inzwischen mit einem Gruppenfoto besänftigt werden. Betont gesellig sitzen wir neben Bruno und Andreas. "Ich habe kein Problem, zu viert anzukommen!" höre ich überraschend. Aus meinem Mund! Ist das die endgültige Kapitulation? Doch Bruno, der Fuchs im Rehpelz, zerstört den Nichtangriffspakt. Mit seinem Aufbruch. Schade! Schnell verabschieden wir uns. "Bis später!" Wortlos greift Uwe an. Erstaunt bleibe ich dicht in seinem Schatten und imitiere jeden Schritt. Sein Wille regiert. Nur, in welcher Frequenz? Für Minuten swingt es wie Musik. In unseren Beinen! Erst als die halbe Kampfgruppe abgeschlagen ist, hält mein Tempomacher an. Hört kurz in sich hinein. Nutzt die einzige Chance, um seine Schwindel-Attacken zu bekämpfen. Und um nicht bewusstlos zu werden. Aber reicht das? Ist das Gefecht wirklich entschieden? Am Kilometerpunkt 79 wandert Sebastian Niller. Ein Gefährte vom Einheitslauf 2006! Sebastian, der Eisfelder, wird auch diesen Ultra überstehen. Trotz seiner Beinverletzung, mit der er letzte Woche kaum gehen konnte. Respekt! Wir hasten über schimmernde Wiesen und durch entseelte Orte. Kilometerweit sind keine menschlichen Lebenszeichen mehr auszumachen. Nirgends! Hat sich der "Besenmann" tatsächlich neue Opfer gesucht? Oder verbrennt uns "Tante Klara" gerade das Hirn? Wir waren vorhin schon einmal hier! Drehen wir im Kreis? Fragend schaue ich zum nächsten Massiv. Aber von dort feixt schon wieder der Große Inselsberg! Haben uns die Richtungspfeile getäuscht?

Halt, da ist Kilometer 90! Ausgelassen wird der Held des Tages empfangen. Die Versorgungsmannschaft jubelt: "Nummer 1, wir haben lange auf dich gewartet!" Wurde seine Attacke etwa live im Radio übertragen? Nur gut, dass die vergnügten Helfer nicht erraten, was Uwe gerade geleistet hat. Ohne Training! Was passiert erst, wenn er sich konzentriert vorbereitet? Ist das dann die Endstation? Wahrscheinlich! Wie Udo Jürgens würde er im Strudel ausgehungerter Ruheständlerinnen ertrinken. Spätestens jetzt wäre er allerdings auch seinen verschwitzten Bademantel los. "Uuuuwwweee!" hallt es weit über die Landstrasse. Langsam wird selbst mir der Kult unheimlich. Dabei sind wir fast bei Kilometer 95, dem vorletzten Verpflegungspunkt! Wartet wieder eine Eskorte des Faschingsvereines? Oder gar ein japanischer Reisebus? Abrupt enttarnt sich das Fantreffen als One-Man-Show. Ist das Chrissi? Kopftuchfrei? Wahnsinn! Aber warum? Fürchtet er sich alleine unter der Dusche? Seine Motorik verrät die Antwort. Der kurzzeitige ICE transformierte zum Schlafwagen. Vor 15 Kilometern! Ferndiagnose: Achsenbruch. Doch es ist nur die Mechanik, die streikt. Der linke Fuß ist "heißgelaufen". Willkommen im Club! Zusammen schleppen wir uns über den Asphalt. Was für ein köstliches Bild! Allerdings nur für phantasievolles Publikum, das Aufnahmen für einen Kinokracher vermutet. Dem Anschein nach wird soeben an der deutschen Version von "Toy Story" gedreht. Und als arme verstümmelte Spielzeugpatienten versuchen wir verzweifelt, dem bösen Dr. Zeit zu entfliehen. Leider beherrscht der fiese Psychotricks und hat die Kilometerschilder falsch postiert. Prompt kann ich den gekonnten Gehschritten der Kameraden nicht mehr folgen, sondern lediglich zähflüssig trippeln! Unerwartet liege ich dadurch zweihundert Meter vor meinen Leidensbrüdern. Noch vor 20.00 Uhr. Weniger als 16 Stunden sind machbar! Uwe brüllt: "Mirko zieh` ab, das schaffst du noch!" Wie versteinert bleibe ich stehen. Der gemeinsame Sieg ist wichtiger! Die letzten Meter treiben uns voran. Schon werden wir mit Applaus verzückt. Ist der wirklich für uns? Hoffentlich nicht bloß aus Mitleid! Hand in Hand überqueren wir die Ziellinie und bekommen die gleiche Endzeit geschenkt: 16 Stunden, 2 Minuten und 6 Sekunden.

Hurra, es ist vollbracht! Zitternd schrecke ich auf. "Ab jetzt nur noch Marathon!" zischt es neben mir. Will Christian Mirko, Uwe, Christian  (vlnr)seine achtbare Ultrakarriere beenden? Für immer? Was für eine tolle Nachricht! Zumindest für die Mitstreiter seiner Altersklasse.Chrissi scheidet mit Platz 3 aus der Liga M20. Aber sofort wärmt mich ein Lichtblick. Wo hatte denn mein Idol Frank Sinatra sogar ein halbes Dutzend Comebacks? Natürlich auf seinem "Way"! Als Zwanzigster der M35 reicht es für mich lediglich zum vorletzten Platz. Altern kann ziemlich ungerecht sein! Das spürt auch Uwe. In der M40 liegt "Die Eins der Herzen" auf dem 23ten, dem letzten Platz. Genau so wie es der Volkmund mag!
Doch am Ende der langen Reise haben wir vor allem uns selbst gefunden. Und ich in Uwe nicht nur einen treuen Begleiter, sondern auch einen wertvollen Freund.

 
Km 74 - Mirko, Andreas, Bruno, Uwe (vlnr)
 
 

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