Die klassisch Olympiastrecke muss man einfach
mal gelaufen sein! "Freut
euch, wir haben gesiegt!" am 2. November des Jahres 2003.
Mit dem schon fast legendären Ausspruch des Tagesläufer Pheidippides,
als er den Sieg von Marathon meldete und nach dem Gruß sein Leben
aushauchte, sollte man einen Reisebericht nicht beginnen. Aber für
uns, die 3 Dresdner Trolle (Peter, Zenon und Ralf), bedeutet jeder Zieleinlauf
beim Marathonlauf auch einen Sieg. Mal abgesehen von der Platzierung werden
Endorphine frei und man fühlt sich wie in einen Rauschzustand versetzt.
Sind wir deshalb laufsüchtig? - Nein. Ralf kann nach seinem Kreislaufkollaps
am 30.April des Jahres 2000 bei Kilometer 40 sagen: "Jede Ankunft
ist ein Sieg:" Nach der eigentlichen Laufzeit fragen maximal 5 -
6 Interessierte.
In Vorbereitung der Olympischen
Spiele im kommenden Jahr kann dies vielleicht auch die Ruhe vor dem
großen Sturm bedeuten, denn wir erleben überall nach unserer
Ankunft Baustellen. So auch direkt vor unserem Hotel, wo gerade ein Bugger
einen Graben aushebt, so dass wir Mühe haben, in das Hotel hineinzukommen.
(trotzdem: das Hotel ist preiswert, das Preis-Leistungsverhältnis
stimmt, wir können es nur weiterempfehlen: Hotel Candia, Diligiani
Str. 40, 10438 Athen, Metro-Station: Larissa, Preis pro Nacht/Person im
Dreibettzimmer: 20,- Euro).
Die Olympischen Sommerspiele
2004 sind schon im Vorfeld allgegenwärtig und werfen ihre Schatten
voraus. Die Griechen müssen ranklotzen, denn sie sind schon im Bauverzug.
Von 33 olympischen Projekten sind gerade mal zwei fertig. D.h. was den
Griechen in den verbleibenden 9 Monaten abverlangt wird, ähnelt einem
Marathonlauf im Sprinttempo. Chaos nannten die alten Griechen die brodelnde
Ursuppe, aus der die Götter die Welt erschufen. Chaos heißt
heute auch Athen. Die Schattenseiten sind sichtbar, wie stinkende Autos
und knatternde Mofas. Allerdings ist auch der Wandel sichtbar - die Lichtseite
der "Medaille", welche den Spielen zu verdanken ist. Man wird
wieder aufatmen können, denn es wurden Fußgängerzonen
geschaffen und Promenaden, die die bedeutendsten Zeugnisse Athens aus
griechischer und römischer Zeit miteinander verbinden. Die Metro
wurde vor drei Jahren erweitert bzw. neu in Betrieb genommen, was eine
Reduzierung des Individualverkehrs um 100.000 Fahrzeuge zur Folge hatte.
Die Luft ist spürbar besser geworden.
Die Griechen sagen:
"Es ist eine historische Chance, der Welt zu zeigen was wir können.
Das ist eine Frage der Ehre für uns. Wir arbeiten sehr hart dafür,
dass es einzigartige Spiele werden." Selbstverständlich wollen
die Griechen beweisen, dass es keinen schöneren Ort für die
Olympischen Spiele gibt. Zweifelhaft ist es für uns, ob Athen bis
zum August nächsten Jahres baustellenfrei wird. Unstrittig ist, Athen
im Hochsommer bei Olympia wird, ausgenommen für die Athleten, ein
Chaos.
Freitag, der 31.10.03
Die 3 Trolle begannen ihren Streifzug durch
das antike Athen (Troll Peter manchmal etwas widerwillig hintendrein)
an der Kapnikarea,
einer kleinen byzantinischen Kirche aus dem 11. Jh, nachdem sie an der
Metro-Station Monastiraki ausstiegen sind.
Von dort geht es (natürlich) weiter Richtung Agora und Akropolis.
Wir irren zunächst ein wenig durch Plaka, das Einkaufs- und Restaurant-Viertel
für Touristen, ehe wir den Aufgang zur Akropolis finden. Woanders
hätte man einen Wegweiser an jeder Strassenecke gehabt, die Griechen
sehen das aber nicht so verbissen, schliesslich sieht man den Akropolis-Hügel
immer über sich, also wird man den Weg auch schon irgendwie finden.
Wir erklimmen zunächst den Areopag-Hügel
und geniessen den Blick über Agora,
die etwa 1000 Jahre lang als Markt- und Versammlungsplatz das politische,
wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentrum des Stadtstaates bildete.
Hier ziehen wir auch zum ersten Mal unsere Hemden an, die dann - wie erwartet
- viele neugierige Blicke der zahlreichen Touristen anziehen.
Nun geht es durch die Propyläen auf
die Akropolis. Wir bewundern zunächst den Parthenon,
den Tempel der jungfräulichen Athena mit 8:17 dorischen Säulen,
dann besichtigen wir das Akropolis-Museum und den Erechtheion
und betrachten von oben das Odeion
des Herodes Atticus.
Von der Akropolis steigen wir ab zu Agora und landen nach einem Rundgang
(u.a. Hephaistos-Tempel
- Griechenlands besterhaltener Tempel überhaupt) völlig erschöpft
aber dennoch glücklich in einem Cafe und wenig später in unserem
Hotel.
Sonnabend, der 1.11.03
Es geht nach Dafni,
wo wir in einem ehemaligen Zisterzienser die berühmten Mosaiken bewundern
wollen. Leider ist die Anlage z.Z. für Besucher wg. Rekonstrukionsarbeiten
geschlossen. Der freundliche Hausmeister, der gut deusch spricht, lässt
uns trotzdem kurz herein, so dass wir das Kloster wenigstens von aussen
sehen können. Danach fahren wir noch mit der Metro nach Piräus,
um festzustellen, dass es dort wenig Sehenswertes gibt. Kap Seunion,
das als Ausflugsziel auch zur Debatte stand aber der demokratischen Abstimmung
unter den 3 Trollen mit 2:1 Stimmen zum Opfer fiel, wäre die bessere
Entscheidung gewesen.
Am Nachmittag sind wir wieder ziemlich erschöpft und eigentlich gar
nicht in der Lage, am nächsten Morgen Marathon zu laufen. Peter und
Ralf entscheiden sich deshalb noch für einen Lockerungslauf, Zenon
hat aber keine Lust mehr und zieht passive Erholung im Hotelbett vor.
19:00 bis 21:00 Uhr sind wir bei der Pasta-Party und hauen uns die Mägen
voll. Auch hier, sonst dauernd auf der Strasse und in der U-Bahn, laufen
uns schöne, junge Griechienen über den Weg, wir nennen sie ihrer
Anmut wegen scherzhaft: Engelchen.
Was ist
das besondere am Marathon?!
Marathon bedeutet nichts anderes als Fenchelfeld. Im September 490 v.u.Z.
war die Ebene an der Ostküste Attikas Schauplatz eines historischen
Ereignisses: Die von Miltiades geführten Athener und Platäer
besiegten erstmals die einfallenden Perser. Heute steht auf dem Fenchelfeld
eine kleine Stadt, in der rund 2.000 Griechen wohnen - auf der Landkarte
ist der Ort kaum auszumachen. Weltweit indes ist der Name "Marathon"
längst Synonym für eine Ausdauerleistung. Oft unter Weglassung
der Schlusssilbe "-lauf" verbirgt sich dahinter der längste
Leichtathletik-Laufwettbewerb - über die ungewöhnliche Distanz
von 42.195 m. Marathon ist ein echter olympischer Wettkampf, denn speziell
für die Spiele wurde er erdacht.
Mit dem Jahr 1896 war
der Marathonlauf als Leichtathletik-Disziplin anerkannt. Aus heutiger
Sicht kommt es einem schon eigenartig vor, dass die Griechen die eigentlichen
Qualifikationswettkämpfe im Marathon erst 14 Tage vor dem olympischen
Rennen veranstalteten. Kurz nach den Athener Olympischen Spielen gab es
bald das nächste Rennen. So lief man auch am 1.Juli 1896 in Paris
nun Marathon. Am 9.September des Jahres lief man dann auch in New York,
am 4.Oktober in Norwegen, zwei Jahre darauf in Deutschland.
Sonntag, der 2.11.03
Wir haben ein dreiviertel Jahr vor den Sommerspielen 2004 den inoffiziellen
"Testlauf" für den olympischen Marathonlauf auf der Originalstrecke
absolviert und von Athen aus den Ort des Ursprungs besucht, denn dort
ist der Start des Marathonlaufes. In den Ort "Marathon"
kamen wir mit dem Bus früh 06:00 Uhr ab dem Olympiastadion und Blaulichteskorte
zum Startort. Wären nicht die zweieinhalbtausend Starter könnte
man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass der Ort "Marathon"
eine ruhige, fast behäbige Siedlung ist. Nach großer Geschichte
sieht es nicht gerade aus, selbst die Andenkenindustrie und der örtliche
Tourismus scheint sich auf diesen Ort
nicht eingestellt zu haben. Kein Hinweis auf diesen historischen Ort.
Dieses Marathon indes hat mit dem tatsächlichen historischen Schauplatz
auch herzlich wenig zu tun. Der fünf Kilometer entfernte Grabhügel
- Tymbos genannt - wird während des Laufes passiert. Dieser unscheinbare
Erdhügel deckt die Gebeine von 192 tapferen Griechen, die vor 2.500
Jahren hier gegen die Perser ihr Leben ließen. 1890 legten griechische
Archäologen den Lehmberg frei und hauchten damit gleichzeitig der
sagenhaften Geschichte vom Läufer von Marathon, der den Athenern
die Siegesbotschaft überbracht und anschließend vor Entkräftung
gestorben sein soll, neues Leben ein.
Der Start erfolgte pünktlich 08:30 Uhr bei
20´Celsius. Der Marathonlauf führt an der gleichnamigen Bucht
im Süden vorbei. In der Bucht wird der Eindruck einer Feriensiedlung
vermittelt, wo allerdings keiner der Trolle seinen Urlaub verbringen möchte.
Trotz der angenehmen 20 Grad weht eine leicht kühle erfrischende
Meeresbrise. Die ersten 20 Kilometer sind relativ flach. Ab dem Kilometer
20 geht es bergauf (und hin- und wieder auch bergab), die 200 Höhenmeter
können schon ziemlich wehtun. Bei Kilometer 32 ist der höchste
Punkt des Laufes erreicht. Danach geht es wieder hinunter in die attische
Ebene, vorbei an einigen Olivenbäumen. Die Verpflegung unterwegs
ist o.k., entgegen aller Erwartungen gibt es Mineralwasser alle 2, 5 km
und alle 5 km zusätzlich Powerade. Die Strecke ist überhaupt
nicht beeindruckend. Einige wenige Zuschauer sowie die Baustellenromatik
der Straßen hinterlassen kaum bleibende Eindrücke von der Strecke.
Die Verkehrssituation ist im Griff der Veranstalter mit den vielen Polizisten,
allerdings sehr zum Leidwesen der motorisierten Fahrer, denn die abendliche
"Tagesschau" im Fernsehen zeigt kaum etwas vom Marathonlauf,
dafür verärgerte im Stau stehende Autofahrer.
Die 3 Trolle sind zu Tränen gerührt
beim Einlauf in das wunderschöne Panathenaiko-Stadion, wo schon
die Spiele 1896 ihre moderne Uraufführung erlebten. Ralf kam nach
3:24:40 h, Zenon nach 3:50:03 h und Troll Peter nach 4:08:41 h bei Temperaturen
um die 26´C ins Ziel. Es ist dieser Schuss Historie, welcher uns
hier laufen liess, ein zweites Mal wird es kaum geben, auch wenn die Organisation
insgesamt in Ordung war (abgesehen von dem Chaos mit den Kleiderbeuteln
im Ziel, die einfach wild durcheinander gemischt auf der Tribüne
des Panathenaiko-Stations abgeladen wurden und jeder Läufer sehen
musste, wie er seine Sachen wieder findet) und man von der angeblich schlechten
Athen-Luft wenig zu spüren bekam.
Von der Strecke selbst haben wir leider keine selbstgemachten
Bilder, wir möchten aber auf Tommys
Laufseite mit vielen interessanten Fotos von unterwegs verweisen.
Sollen die Trolle nun
an die reale Existenz des Urahns aller Marathonläufe glauben? Realität
oder Schwindel, wir leben mit dem Mythos. Denn sicher ist es überhaupt
nicht, das jener legendäre Marathonlauf stattgefunden hat. Warum
diese Zweifel?! Es besteht der berechtigte Verdacht, dass hier ein - wenngleich
auch genialer - Fabulierer am Werk war. Derjenige, der der Nachwelt die
Schlacht von Marathon überlieferte, war der griechische Geschichtsschreiber
Herodot (485-425 v.u.Z.). Doch bei ihm, der mit mehreren Teilnehmern der
Schlacht sprach, gab es keinen marathonischen Läufer. Jedoch teilte
Herodot mit, dass die Athener damals eine sogenannten Tagesläufer
namens Pheidippides - Schnellläufer wie er ersetzten den Postverkehr
- nach Sparta entsandten, um dort um Hilfe gegen die Perser zu bitten.
Tatsächlich kam der Schnellfüßige am nächsten Tag
in Sparta an - und das nach über 200 zurückgelegten Kilometern.
Doch Herodot weiß auch zu berichten, dass die Spartaner mit dem
Abmarsch zögerten. Als sie sich endlich durchgerungen hatten, war
die Schlacht bei Marathon schon erfolgreich geschlagen. Ob sich Pheidippides
bester Gesundheit erfreute oder nicht - von Herodot jedenfalls ist nichts
näheres zu erfahren gewesen. Vielleicht werden die 3 Trolle nun den
Spartalon über die Distanz von 253
km unter die Füße nehmen müssen, um dieses Rätsel
vielleicht zu lösen?! Die überlieferte faszinierende Geschichte
sorgte auf alle Fälle in der Vergangenheit und in der nahen Zukunft,
im August nächsten Jahres, für spannende Wettkämpfe.
Montag, 3.11.03
Nach der sportlichen Leistung am Vortag ist wieder Kultur angesagt. Wir
entscheiden uns für das ca. 180 km entfernte Delphi. Mit einem Mietwagen
sind wir nach ca. 3 h vor Ort. Delphi ist grandios, die Lage und das,
was vom ehemaligen Nabel der Welt übriggeblieben ist, lassen uns
staunen. Nach einer abenteurlichen Rückfahrt (zum Autofahren in Athen
braucht man eigentlich nicht 2 sondern mindestens 6 Augen, starke Nerven
und viel Glück) sind wir gegen 20:30 wieder vor der Autovermietung,
froh den Wagen ohne einen einzigen Kratzer zurückgeben zu können.
Dienstag 4.11.03
Nachdem wir bis jetzt die ganze Zeit ein herrliches Sommerwetter hatten,
regnet es heute zum ersten Mal. Halb so schlimm, schliesslich wollen wir
am Vormittag das Nationalmuseum besuchen. Leider müssen wir feststellen,
das auch diese Sehenswürdigkeit wg. Umbau z. Z. geschlossen bleibt.
Na dann nicht, wir machen statt dessen noch ein wenig Shopping in Plaka.
Gegen 13:00 Uhr geht es zum Flughafen und dann nach Hause.
Unser Fazit:
- Wir sind froh, den Marathon-Athen-Marathon gelaufen zu sein
- die Organisation war insgesamt gut, die Strecke - bis auf das Ziel -
ziemlich hässlich
- die Athener Luft ist besser als ihr Ruf
- Autofahren in Athen ist ein Abenteuer
- nur Engel können schöner sein
als die griechischen Frauen
- ein Jahr vor Olympia 2004 wird überall gebaut, auch viele Museen
sind z.Z. geschlossen
- Agora und Akropolis sowie Delphi waren die kulturellen Höhenpunkte
vom Feinsten.
Praktische Hinweise:
- ein 5tägiger Aufenthalt muss nicht teurer als 500,- bis 600,-
EUR sein, davon: 99,- EUR für 2-Sterne-Hotel (Dreibettzimmer) und
274,- EUR für Flug Dresden-Athen, Rest: Verpflegung, Fahrkarten,
Eintrittsgelder, Mietwagen u.ä.
- unser Hotel: Hotel Candia, Diligiani Str. 40, 10438 Athen, Metro-Station:
Larissa, Preis pro Nacht/Person im Dreibettzimmer: 20,- Euro können
wir wg. gutem Preis/Leistungsverhältnis weiterempfehlen. Aber Achtung:
von vornherein ein der Straße abgewandtes Zimmer verlangen, sonst
ist es sehr laut; Ohrepacks trotzdem nicht vergessen!
- ein 24-Stunden-Ticket für U-Bahn/Bus kostet 2,90 EUR
- mehrere Autovermietungen sind in der SIGROU Ave. zu finden; wir haben
bei VIP's (43 SIGROU ave. 117 43 Athens, tel: 2109246001, fax: 2109246866)
einen Fiat Cinqueicento für 20,-EUR pro Tag incl. 150 km, 0,18 EUR
für jeden weiteren km gezahlt; Handeln lohnt sich - da das Auto nicht
gewaschen war, haben wir den Preis von 28,-EUR auf 20,-EUR/Tag heruntergehandelt.
- der Autoverkehr in Athen ist chaotisch: geblinkt wird beim Spurenwechsel
kaum, gegenseitige Rücksicht ist nicht da, man muss sich seinen Platz
eher erkämpfen, man wird links und rechts auch auf der Autobahn überholt,
grün und rot sind oft nur unverbindliche Empfehlungen sowohl für
Autofahrer als auch für Fussgänger; auf der Autobahn begegnet
man mitunter auch einem Radfahrer (Foto)
- ein Ausflug nach Delphi lohnt sicht auf jeden Fall und wird garantiert
zum Höhenpukt der Reise!
- ein Taxi vom/zum Flughafen kostet 20,- bis 25,- EUR;
- Stadtplan-Lesen ist gewöhnungsbedürftig:
einige Strassen stehen nur in griechischer, andere auch in lateinischer
Schrift; am besten vor der Reise das griechische Alfabet lernen - man
kann es ja schliesslich auch danach gut gebrauchen (Alpha und Beta kennt
vermutlich jeder aber wie wird z.B. ein Psi, Ksi oder Zeta, und das in
Klein- und Grossschrift, geschrieben?
Hier
einige interessante Links:
Athen-Info
Zwischen
Marathon und Athen
Mehr
Athen-Info
Ein
Rundgang in Athen
Athen-Wetter
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