"Jeder Kilometer in einem anderen Land"

3. Skopje Marathon
6.05.2010


Ein Bericht von Peter Maier

Nach der schwa-chen Reise-leiterleistung von "Werner Otto - Sportreisen" bei meinem letzten Marathon im Januar auf Bermuda hielt ich es für besser, den nächsten Ma-rathon selbst zu organi-sieren! Es hat auch alles prima geklappt. Ganz liebevoll umfing mich diese kleine, aber absolut spitzen-mäßig organisierte Laufveranstaltung im Her-zen Mazedoniens, in der Hauptstadt Skopje. Problemlos holte ich mir am Samstag die Startunterlagen und durfte mir als "Exot" die Startnummer 100 nehmen. Gordana, die Mitorganisatorin des Laufes, bat mich, am morgigen Marathontag ein Interview für das Fernsehen zu geben. Wahrscheinlich dachte sie, ich wollte hier morgen gewinnen.



Anschließend durchstreifte ich von meinem Hotel aus, beginnend mit der alten Osmanischen Steinbrücke aus dem 15. Jahrhundert, die Altstadt (Fotos). Überall war viel Jugend und reges Treiben in und um die Kneipen. Ich besichtigte nach dem riesengroßen Basar die Burg Kale, die oberhalb des Flusses Vardar thront. Ein starker Regenguss trieb mich zurück ins Hotel.

Marathontag: Heute wollte ich den Sack zumachen und nach dem Lauf sagen können: "Ich bin jeden Kilometer eines Marathons in einem anderen Land gelaufen!" Nun stand ich am Start und es ist blauer Himmel, gerade hatte ich wirklich noch ein Interview gegeben. "Engelchen" sind auch unter den ca. 300 Marathon - und Halbmara-thon-startern (Foto). Hinter uns werden wesentlich mehr bei dem 5000 m - Lauf starten. Die Zeichen, heute zu bestehen, stehen eigentlich schlecht. Wegen Achillessehnenbeschwerden lief ich die letzten 8 Wochen nur insgesamt etwa 100 km und nicht mehr als einmal 14 km am Stück, maximal auch nur 11,5 km/h. Dagegen standen mein unbändiger Kampfeswille und meine mentale Stärke. Wer gewinnt dieses Duell?

Gleich fällt um 9 Uhr auf der D. Chupovski Street der Startschuss. Alle sind gut gelaunt und dann geht's auch schon ab. Der Marathon wird in zwei Runden gelaufen. Vorbei an der orthodoxen Kirche K. Ohridski laufe ich ganz vorsichtig "an". Aber hallo! Der erste Kilometer ist in 5.05 min gelaufen. Das geht in die Hose. Tempo raus! Aber es klappt nicht. Ich laufe einfach weiter so. Es ist inzwischen schon warm über den Straßen. Die Strecke liegt voll in der Sonne. Ich beginne heute schon am Anfang zu trinken, Wasser, Bananen, Zitronen, Rosinen, das ist okay als Verpflegung. Die 5 km - Marke passiere ich in 25.48 min, viel zu schnell, denke ich. Bei km 7 ist die erste Wende im Westen von Skopje. Die Strecke ist nicht unbedingt attraktiv, aber man merkt, alle Helfer sind mit Eifer dabei. Es ist prima abgesperrt, genügend Getränkestationen sind vorhanden.

Wir laufen mit den Halbmarathonies jetzt am Ziel vorbei in die zweite Schlaufe der ersten Runde. Es ist heiß, knappe 30 Grad in der Sonne. Es geht Richtung Osten hinaus in die Wohngebiete von Skopje. Den km 14 durchlaufe ich in ca. 1.13 h. Jetzt kurz hochgerechnet auf die Endzeit…nein, das ist unmöglich…! Wie hält die schon schmerzende Achillessehne, was wird bei dieser Hitze? Ich spiele meinen eigenen Pacemaker, laufe sinnbildlich vor mir her. Mir kommen die schnelleren Läufer entgegen, die vom östlichen Wendepunkt schon längst wieder zurücklaufen. Unendlich wirken die breiten Straßen. Ich laufe links am Ziel, dem Mazedonia Square, vorbei, die "Halben" haben es hier nun geschafft.

Ich bin auf der 2. Runde …allein…wie voriges Jahr in Havanna, aber da hatte ich noch Roman bei mir… Jetzt sehe ich weit vorn, nachdem ich gerade die 25 km ohne weitere Zeitverluste in 2.11.30 h durchlaufen habe, eine Läuferin.

Ich schließe zu der hübschen schwarz-haarigen Mazedonierin mit der Startnummer 54 auf, sie hat starke Schmerzen im Knie, aber Tanja kämpft verbissen weiter. Wir werden uns später im Ziel umarmen! Aber bis dahin kämpft jeder auf seine Weise. Ich errei-che wieder die West-wende bei km 27, Tanja hat inzwischen abreißen lassen. Es wird uner-träglich heiß! Jede 2 km nehme ich eine Flasche Wasser, schütte sie mir "volles Rohr" über den erhitzten Kopf, setzte die Stirnmütze wieder auf, um dann noch eine zweite Flasche über den ganzen Körper laufen zu lassen. Ich überhole langsam viele der "müden Krieger", die der Strecke ihren Tribut zollen müssen. Von 10 Grad in Deutschland auf über 30 Grad in Skopje, was muss der Körper jetzt leisten!

Am Ziel wieder vorbeilaufend, habe ich jetzt noch die östliche Schleife der 2. Runde zu bestehen. Jetzt flimmern wieder die breiten Straßen vor mir, aber selbst bei km 35 lasse ich nur unmerklich im Tempo nach. Ich bin die letzten 5 km noch in 26.59 min gelaufen, woher nehme ich diese Kraft? Kilometer 39: es ist aus! Der Akku ist zu Ende, er leuchtet rot, die Beine und der Körper sagen "NEIN"! Was tun? Jetzt kann, wenn über-haupt, nur noch meine Geheimwaffe, meine mentale Stärke, helfen. Vom Kopf aus versuche ich alles unterhalb des Oberkörpers auszuschalten. Unglaublich, es klappt! Noch bei Kilometer 40 die letzten Fotos vom Lauf gemacht, kämpfe ich mich wider alle Erwartungen ins Ziel. Die Endzeit bleibt bei für mich unglaublichen 3.44.39 h, Platz 7 in der AK, stehen.

Im Ziel ist weiter diese brütende Hitze. Ich schau mir die Siegerehrung an, wo meine Laufbe-kanntschaft, die tap-fere Tanja Velja-novska, den 2. Platz in der Mazedonischen Meisterschaft erreichte hatte. Ihr Kampfgeist und das Foto mit ihr werden mir in Erinnerung bleiben. Rundherum glücklich verlasse ich den Zielbereich, nachdem ich mich auch noch einer Massage unterzogen hatte. Ich ruhe mich im Hotel aus. Selbst abends dann hat der Veranstalter an eine kleine Pastaparty mit Pizza und Bier gedacht. Der Skopje Marathon ist auf jeden Fall eine Reise wert. Dieser kleine Marathon wird sich in die Stadtmarathons Europas einreihen, nicht mit großen Teilnehmerzahlen, aber dem Veranstalter ist rundherum alles gelungen! Die Sieger waren bei den Männern Tamas Toth in 2.28.56 h und bei den Frauen Lucia Kimani in 2.55.56 h.

Auch holte ich mir in Mazedonien meinen 43. Länderpunkt. Damit hatte ich ein weiteres sportliches Ziel erreicht, ich lief bisher jeden Kilometer eines Marathons in einem anderen Land!

5 km: 25.48 min 25.48 min
10 km: 26.10 min 51.58 min
15 km: 26.30 min 1.18.28 h
20 km: 26.42 min 1.45.10 h
25 km: 26.20 min 2.11.30 h
30 km: 26.40 min 2.38.10 h
35 km: 26.59 min 3.05.09 h
40 km: 27.49 min 3.32.58 h
Ziel: 11.41 min 3.44.39 h

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