Den
Lauf hatten wir uns mit Roman ein wenig anders vorgestellt. Messepokal-lauf
- das klingt nach einem grossen Citylauf mit viel Prominenz und
Start/Ziel direkt im Stadtzentrum. Aber mein Navigationssystem
führt uns an einen eher beschaulichen Ort am Rande von Leipzig
- zur August-Bebel-Kampfbahn des LC Auensee (Foto oben). Das ist
der Verein von meinem Freund Wolfgang Schladitz (Foto links),
mit dem wir in der Vergangenheit schon mehrere gemeinsame Marathon-reisen
unternommen haben ( >> s. Bericht
Valencia-Marathon) und in diesem Jahr, schon in 4 Wochen,
zum Lissabon-Marathon nach Portugal fahren werden.
Es ist jetzt kurz vor 9:00 Uhr. Das Wetter ist grau, die Temperatur
beträgt etwa 5 Grad, der Boden ist nass und aufgeweicht.
Der Regen hat aber glücklicherweise vor Kurzem aufgehört.
Viele Läufer sind noch nicht zu sehen. Wir parken an der
Strasse und gehen zur Anmeldung. Als wir danach wieder zum Auto
laufen, erkenne ich schon vom Weiten den Gang von Dietmar
Knies (Foto unten, erste Reihe rechts), der uns entgegen läuft.
"Hallo Dietmar" - rufe ich ihm zu als er sich uns nähert.
"Hallo" - antwortet er freunlich, aber an seinem fragenden
Blick erkenne ich sofort, dass er uns nicht so richtig einordnen
kann. "Wir haben uns zuletzt im Januar beim Team-Marathon
gesehen" - helfe ich ihm schnell auf die Sprünge. "Ach
ja" - sagt er - Du warst ja dort mit Steffen
Umlauf und mit dem Ex-Polen, wie hiess der gleich...".
"Der "Ex-Pole" das bin ich" - antworte ich
und lache. "Hmm, ja, ich komme
etwas durcheinander" - meint Dietmar etwas
verlegen. Etwas später laufen wir uns wieder über den
Weg und diesmal spricht er mich an: "Du bist doch der Zenon?"
"Ja, genau, Dein Gedächtnis ist doch ganz in Ordnung"
- bestätige ich anerkennend und freue mich, dass er sich
an meinen nicht ganz alltäglichen Vornamen doch erinnern
kann (>> s. Bericht
vom Team-Marathon 2008).
Es
ist jetzt 9:30, wir haben noch viel Zeit für eine ordentliche
Erwärmung. 10:15 wird der Lauf gestartet. Kurz vorher ehrt
der Sprecher einen 65-jährigen Professor, der vor wenigen
Tagen Geburtstag hatte. Der gut durchtrainierte, ältere Läufer,
der neben mit steht, meldet sich und zeigt mit den Fingern seiner
beiden Hände eine "6". Einige andere Läufer
protestieren auch. Der Sprecher merkt das und korrigiert schnell:
"Er hat vor kurzem seinen 60. und nicht 65. Geburtstag gefeiert,
Tschuldigung, Tschuldigung". Alle klatschen, der Läufer
neben mir - das ist der Professor - nimmt das Ganze mit Humor.
Dann
geht es los. Roman beginnt wie immer schnell und verschwindet
nach weingen Minuten aus meiner Sichtweite. Ich fühle mich
eigentlich auch gut, merke aber, dass mich viele überholen,
obwohl ich nach eigenem Empfinden recht schnell laufe. Ich will
heute unter 45 Minuten bleiben, die schwache Zeit von vor einer
Woche in Eilenburg (>> s. Bericht)
soll deutlich verbessert werden. Der Boden ist nass, im Wald bzw.
Park, den wir durchlaufen, auch ziemlich matschig. Wir laufen
jetzt über eine Brücke, die durch die Schritte der vielen
Läfer in
Resonanz gerät. Es ist ein eigenartiges Gefühl - man
hat Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Nach ca. 2,5 Kilometern
kommen meine Schmerzen im linken Oberschenkel. Da hat die ausgiebige
Ermwärmung vor dem Start auch nicht viel geholfen.
Ich laufe "mit angezogener Bremse" weiter.
Bei Kilometer 3 treffe
ich zum ersten Mal Wolfgang (Foto nebenan), der heute "nur"
als Ordner tätig ist. Ich wusste, dass er da sein wird, wir
haben gestern telefoniert. Nach ein paar Kilometern sind die Oberschenkelschmerzen
fast weg, ich merke aber, dass ich voll am Anschlag laufe. Für
die ersten 5 Kilometer habe ich knapp 24 Minuten gebraucht. Die
zweite Hälfte wird auch nicht schneller. 48:33 stoppe ich
im Ziel - ein neuer Tiefpunkt, es ist noch langsamer als vor einer
Woche in Eilenburg!
Wir
ziehen uns am Auto um, kommen wieder zum Zielbereich und treffen
Wolfgang. Er spricht gerade mit Manfred
Bunk, einem älteren Sportler, der bei den 7. deutschen
Senioren-Hallen-Meisterschaften Platz 4 in der M65 belegte. Dann
kommt noch Jemand anders vorbei, mit dem Wolfgang ein Schwätzchen
hält, dann noch Jemand und noch Jemand. Wolfgang kennt hier
offenbar Jeden und Alle kennen Wolfgang. Als wir dann in der Sporthalle
auf die Siegerehrung warten, stellt er mir die sympatische Liane
Muschler vor (Foto links). Sie ist die amtierende AK-Weltmeisterin
im Berglauf. Sie erzählt mir, dass sie auch viele Radmarathons
bestritten hat, u.a. auch die, die ich ebenfalls "auf meinem
Konto" habe - den 3-Länder-Giro oder den Colmnitzer
Supercup "Quer durchs Erzgebirge". Ich lerne auch Kathrin
Bogen kennen (Foto oben), die heute den 10Km-Lauf bei den
Damen gewann.
Auf
einmal
taucht "Franki-Boy" auf
(Fotos unten, erste Reihe links) - wir kennen uns schon seit Jahren
u.a. vom Medoc-Marathon 2004 (>> s. Bericht).
Wir unterhalten uns eine ganze Weile. Frank erzählt, dass
er dieses Jahr eine grosse Reise nach China vorhat und den Peking-Marathon
laufen will. Die Gaby ist auch da
(Foto unten mit Frank). Sie lacht und strahlt wie immer, zumal
sie heute in ihrer AK den 3. Platz gewonnen hat. Die W50 war es,
verrät sie mir, ich kann es kaum glauben. "Mensch Gabi
Du siehtst höchstens wie 40 aus" - sage ich und und
meine das ganz ehrlich. Ein älterer 75-jähriger Sportler
(Fotos unten, 2. Reihe, neben Wolfgang) erzählt mir noch
von seinen jetzigen und früheren Erfolgen. Es ist sehr interessant
und man könnte ihm stundenlang zuhören aber wir müssen
jetzt gehen.
Es
war ein schöner, erlebnisreicher Ausflug in die Messestadt.
Schade nur, dass ich schon wieder oder immer noch so schwach war.
Roman (Foto nebenan, rechts) ist übrigens knapp über
42 Minuten gelaufen (>> Ergebnisse).
Nicht schlecht, auch wenn er noch viele Reserven hat. "Für
eine Marathonzeit unter 3 Stunden musst Du 10 Kilometer in höchstens
38 Minuten laufen" - verrate ich ihm die alte Marathonweisheit.
"Ja, hmm" - sagt er nur dazu. "Meine Bestzeit liegt
bei 35:35" - versetzte ich ihm noch den "finalen Stoss".
Trotzdem fahren wir friedlich nach Hause. Aber zuvor mache ich
noch kurz halt an der Elster und schiesse - extra für Betina
- das Foto von einer Schellente.
Gegen 14:00 Uhr sind wir wieder in Dresden.