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1.
Tag, Freitag, 11.04. Lissabon
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Freitag.
Aller guten Dinge sind drei - nach Sevilla 2004 (>> Bericht)
und Valencia 2005 (>> Bericht)
fahren wir: Betina, Steffen, Wolfgang und ich (Foto rechts) zum
dritten Mal zusammen auf die iberische Halbinsel. Wir treffen
uns am Dresdner Flughafen und fliegen zunächst 6:00 nach
Palma de Mallorca. Von dort soll es weiter nach Lissabon gehen.
Der Abflug verzögert sich leicht, vor dem Gate bildet sich
eine Schlange. Einige Meter vor uns stehen 3 bildhübsche,
"feurige" Spanierinnen. Offenbar kommen sich gerade
von einem Schönheitswettbewerb, denn eine von Ihnen trägt
eine Scherpe mit der Aufschrift: "La novia mas brillante
de Mallorca". Viele Männer schauen ganz "unaffällig"
hin. Wolfgang wird auch ganz neugierig, geht zu der "Miss
Mallorca", lächelt sie auf seine unverwechselbare, charmante
Art an und versucht die Aufschrift auf der Scherpe zu entziffern.
Für mich die Gelegenheit, ein einmaliges Foto zu schiessen.
Ich reisse meine Kamera aus der Fototasche, frage die schöne
Spanierin, ob ich von ihr und Wolfgang ein Foto schiessen darf
und mache schnell hintereinander 3 Aufnahmen. Die Mädels
freuen sich und kichern laut und auch der Rest der Flugpassagiere
hat ihren Spass an dieser Szene. Ein schöner Auftakt unserer
Reise, so kann es weiter gehen.
Der
Landeanflug auf Lissabon
ist beeindruckend. Bei strahlender Sonne und wolkenlosem Himmel
haben wir vom Flugzeug aus eine tolle Sicht auf die Stadt am Tejo
- mit ihren beiden grossen Brücken: Ponte 25 Abril und Ponte
Vasco da Gama, dem riesigen Denkmal Padrao dos Descobrimentos,
den Plätzen Rossio und Praca de Comercio, dem Mosteiro San
Jeronimo, dem Castelo de Sao Jorge... All das werden wir in den
nächsten Tagen vom Nahen erleben. Mit unserem Mietwagen,
einem geräumigen Renault Megane fahren wir in das Hotel
Residential Italia. Die Zimmer sind klein aber insgesamt ist
das recht zentral gelegene Hotel o.k. und für einen kurzen
Lissabon-Aufenthalt durchaus zu empfehlen. Es ist jetzt gegen
13:00 Uhr, wir gehen zunächst essen und zwar in ein Restaurant
gleich um die Ecke, das uns die Empfangsdame im Hotel empfohlen
hat. Der gebratene Fisch (Foto) schmeckt hervorragend, dazu trinken
wir Bier und Rotwein und verlassen nach anderthalb Stunden die
Gaststätte in bester Stimmung.
Jetzt
geht es zur Anmeldung, die
im modernen Parque
Expo'98,
in einem der Räume des Pavilhao de Portugal stattfindet.
Vor dem Eingang machen wir das obligatorische Foto vor dem Marathon-Plakat.
Drinnen sind wir im Moment die einzigen Läufer, die Ihre
Startunterlagen abholen. Der Raum ist nicht sehr gross und ausser
einer Ecke, in der einige Helfer die Tüten mit Startnummern
und den Chips ausgeben, ganz leer. Das heisst, es gibt keine Marathonmesse
und keine Pasta-Party, so wie man das von anderen Stadtmarathons
kennt. Etwas ungewöhnlich für eine solche Metropole
wie Lissabon aber für uns auch nicht überraschend, denn
wir wussten, dass dieser Carlos-Lopes-Marathon trotz seines berühmten
Namensgebers noch nicht zu den Grossen zählt. A propos Namensgeber.
Einer der Organisatoren sieht mir wie der ehemalige Weltrekordler
aus. Ich frage ihn, ob er es auch sei und ob wir mit ihm ein Foto
machen können. Nein, er sei es nicht aber er kann Carlos
Lopes holen, wenn wir es gerne möchten. Klar möchten
wir es.
"Er
sieht aber nicht mehr ganz so sportlich wie früher aus"
- meint er, lächelt und verschwindet in einen anderen Raum.
Nach 5 Minuten kommt er wieder, mit ihm der Olympiasieger
von Los Angeles 1984. "Hi, we are from Dresden,
Germany, we would like to make a photo with you" - begrüsse
ich ihn freundlich. Er lächelt etwas verlegen, wir stellen
uns schnell auf, Betina schiesst ein paar Fotos. Carlos zeigt
uns die schöne Medaille, die wir morgen im Ziel bekommen
werden. Ich muss dabei an die Medaille vom Berlin-Marathon 1991
denken, bei dem ich meine Bestzeit von 2:46'51'' gelaufen bin
und worauf Carlos ebenfalls abgebildet ist (Foto). Ich versuche
ein Small Talk mit ihm aber er spricht kaum English, wie uns der
freundliche Helfer, der ihn geholt hat, erklärt. "O.k.
danke Carlos, es war uns eine Ehre" - beenden wir den kurzen
Fototermin und verlassen den Pavilhao de Portugal, der immer noch
genauso leer wie vor einer Viertelstunde ist. Es haben bis jetzt
ca. 300 Teilnehmer für den Marathon und weitere ein paar
Hundert für den 15-km-Lauf gemeldet - erfahren wir zuvor
von den Organisatoren.
Es
ist jetzt gegen 18:00 Uhr, wir wollen uns noch etwas die Stadt,
insbesondere das berühmte Alfama-Viertel, ansehen. Wir fahren
mit der U-Bahn zum Rossio, dem zentralen Platz Lissabons. Offiziell
heisst er Praca Dom Pedro
IV und stellt das Herz der Stadt dar. In seiner Mitte - die 27,5
m hohe Marmorsäule mit dem Bronzestandbild Pedros IV, dem
späteren Kaiser Brasiliens, der zugunsten seiner Tochter
Maria da Gloria auf den portugiesischen Thron verzichtete. Jugendliche
spielen gerade Fussball in der Mitte des Platzes. Auf dem Platz
nebenan - dem Praca da Figueira (Feigenbaumplatz) geht es auch
sportlich zu. Wir schauen eine Weile lang den Skatebordfahrern
zu, die ihre halsbrecherischen Künste vorführen. Ein
paar Meter weiter erhebt sich der Elevador de Sant Justa - ein
Aussichtsturm, von dem aus man einen schönen Rundblick auf
Lissabon hat. Wegen der ziemlich langen Schlange, die davor steht,
sparen wir uns aber den Aufstieg und gehen auf der Rua Aurea weiter
Richtung Süden.
Auf
einmal höre ich ein trauriges, schönes, mit klarer Stimme
gesungenes Lied und schau mich um, wo es herkommt. Das muss doch
das berühmte portugiesische Fado sein. In der Mitte der Strasse
steht ein Stand mit CDs. Diejenige, die mir so gefällt, wird
gerade über die Lautsprecher abgespielt. "Die möchte
ich haben" - sage ich zu dem Verkäufer. Es ist meine
erste Fado-CD von der "Fado-Königin" Amalia
Rodrigues, später werde ich noch weitere kaufen.
Die Hintergrund-musik dieses Bericht stammt übrigens von
dieser CD und ist ein kurzer Ausschnitt aus dem berühmten
Fado-Titel: "Tudo
isto e Fado". Für einen Fado-Abend in einem der
zahlreichen Fado-Lokale werden wir leider keine Zeit haben. Bei
meinem nächsten Lissabonbesuch werde ich es mir auf alle
Fälle vornehmen. Wir gehen weiter Richtung Praca der Commercio,
das direkt am Wasser liegt und eine schöne Sicht auf den
Tejo bietet. Unterwegs erleben wir die modern ausgestatteten Lissaboner
Polizisten (Foto).
Jetzt
folgen wir den Schienen der berühmten Strassenbahnlinie 28.
Es geht bergauf Richtung Castelo Sao Jorge, das wir aber heute
nicht mehr erreichen werden. Wir schauen uns noch die Kathedrale
Se, die älteste und die einzige romanische Kirche Lissabons
an. Sie wurde nach der Vertreibung der Mauren im Jahr 1147 gebaut.
Die Kathedrale wurde mehrmals von Erdbeben stark beschädigt
und bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder restauriert.
Nach kurzdem Rundgang verlassen wir die Kirche. Jetzt ist der
Hunger bei Allen so gross, dass wir schnellstens eine Gaststätte
finden müssen. An der nächsten Ecke ist gerade eine,
wir gehen hinein und sind die einzigen Gäste. Der Besitzer,
der die kleine Kneipe mit seiner Frau betreibt, ist sehr freundlich
und gesprächig. Wir erfahren, dass er 20 Jahre in Brasilien
gelebt hat, bevor er vor ein paar Jahren wieder nach Lissabon
zurückkehrte. Wir schwatzen über Sport, das Wetter,
die Sprachen und sonst über alles Mögliche. Draussen
wird es inzwischen dunkel. Wir müssen zurück ins Hotel
und laufen durch die engen Strassen und steile Treppen der Alfama
zur nächsten U-Bahn-Station. Einige Strassen sind durch Boller
gesperrt, die automatisch herunter- und dann wieder hochfahren,
wenn ein für sie "zugelassenes" Auto hinein- bzw.
herausfährt. Steffen will wissen, ob ein solcher Boller ihn
halten würde. Ich halte das Ergebnis mit dem Fotoapparat
fest (Foto)
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2.
Tag, Samstag, 12.04. Lissabon, der Marathon
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Samstag,
der Marathon. Der
Marathon startet erst 16:30 also müssen wir die Zeit bis
dahin irgendwie sinnvoll nutzen ohne auf der anderen Seite uns
zu sehr zu verausgaben. Wir entschliessen uns für eine Rundfahrt
mit der berühmten Strassenbahn-Linie 28. Danach geniessen
wir die tolle Aussicht auf dem Miradouro Santa Luzia. Hier ist
viel los. Franzosen, Deutsche, Amerikaner, Spanier, Japaner, Polen,
Schweden... - Touristen aus aller Welt bewundern die schöne
Aussicht auf die Alfama und den Tejo, schauen den Malern zu und
hören lateinamerikanische Gitarrenmusik Wir trinken Kaffee
und betrachten das bunte Treiben. Es ist 12:30. Wolfgang wird
langsam nervös. Wir müssen schnellstens Pasta oder Ähniches
essen. In einem Restaurant in der Nähe unseres Hotels essen
wir "Spagetti Bolognese".
Dann
ist es soweit. 15:00
Uhr. Mit der U-Bahn fahren wir bis zur Station Jardim Zoologico.
Direkt davor ist der Startbereich. Als wir dort ankommen, stellen
sich gerade die Radfahrer, grösstenteils Mountainbiker, auf.
Ihr Start erfolgt 16:00 Uhr. Dann sind die Läufer dran. Schätzungsweise
sind es insgesamt so um die 600-700 Teilnehmer. Ca. 300 davon
Marathonis, der Rest hat für die 15km-Strecke gemeldet. Wir
machen uns warm, ich reibe mir beide Beine mit Finalgon ein und
merke schnell die brennende Wirkung. Über die rechte Wade
habe ich mir ein Band geklebt, das ich von Steffen bekommen habe.
Mal sehen, ob diese beiden Massnahmen helfen und ich ohne Probleme
"durchkomme". Die Spannung steigt. Wir haben ideale
Bedingungen - es ist warm und sonnig, die Temperatur beträgt
17 Grad. Ich ärgere mich immer noch, dass ich meinen Fotoapparat
nicht mitnehmen und diese aufregenden Bilder kurz vor dem Start
festhalten konnte.
16:30
geht es los (>> Strecke
lt Veranstalter; leider nicht 100% übereinstimmend mit dem
Parcours der tatsächlich gelaufen wurde). Ich fühle
mich körperlich nicht ganz fit und mit den Gedanken bin ich
immer noch nicht bei der Sache. Die 2 Kilometer-Marke ist nach
10'13'' Min. passiert. Jetzt sehe ich einen Helfer mit einem Schild,
auf dem gross "500 m" steht. Das Kleingeschriebene übersehe
ich irgendwie. Ein Stück weiter steht ein weiter Helfer mit
"200 m" und dann noch einer mit "100 m" und
dem Zeichen "Rechts abbiegen". "So ein Service
bei einem so kleinen Marathon - denke ich - da werden sogar wichtige
Kurven angezeigt". Ein paar Sekunden später stehe ich
aber ratlos in der Strassemitte und weiss nicht, wo ich langlaufen
soll - die Hälfte der Läufer biegt nach links, die andere
Hälfte nach rechts ab. So ein Mist. Ich gerate in leichte
Panik und schreie auf deutsch zu den heranlaufenden Läufern:
"Wo ist der Marathon, hey!? "Here" - ruft mir Jemand
freundlich zu, ich soll nach links laufen. Jetzt begreife ich
erst, was die Schilder vorhin sollten. Kleingeschrieben stand
"15 km" drauf. "Aufwachen, auf den Lauf konzentrieren"
- heisst es jetzt für mich. Nach 3 Kilometern (15'45'') sind
wir auf der Av. da Republica.
Ich
muss zum ersten Mal austreten und verliere ca. 40 Sekunden. Wir
laufen im Tunel unter einer Brücke, zunächst hinunter
und dann wieder hoch. 4 Kilometer passiere ich in 21'38''. Linker
Hand ein schöner Park - Jardim do Campo Grande. Erste Zeitmessung
bei Kilometer 5 - 26'10''. Vor mir ein Läufer mit der "Norway"-
Aufschrift auf seinem Laufshirt. "Norway"
- werde ich ihn ab jetzt nennen. Das ist der Ottar Haugen mit
der Startnummer 5398 (Foto), wie ich später in der Ergebnisliste
sehen werde. Er wird im Ziel knapp 10 Min schneller als ich sein.
In der nächsten Zeit laufen wir aber lange zusammen. Es ist
ziemlich warm. Wir kommen wieder in einen Tunnel. Die Polizei
hat einen Streifen abgesperrt, auf der gegenüberliegenden
Seite bildet sich ein Autostau. Lautes, andauerndes Gehupe. Im
ersten Moment denke ich, dass die Autofahrer das wegen uns Läufern
machen aber als ich rüber schaue, sehe ich, dass Keiner in
unsere Richtung schaut und das Hupen dem Vordermann oder den Polizisten
gilt. Bei Kilometer 7 (36'35'') wieder ein steiler Anstieg unter
einer Brücke. Wir
laufen über den Platz Altrium Saldanha und biegen danach
in die breite Avenida Fontes Pereira de Melo ab. Es geht jetzt
leicht bergab. Wir kommen zu einem grossen Platz, auf einem Schild
lese ich Placa Marques de Pombal. Rechter Hand - der Parque Eduardo
VII, wo der Start ursprünglich sein sollte. Die Zeit - 42'55''
, wir haben also ca. 8 Kilometer hinter uns. Auf der Avanida da
Liberdade geht es jetzt weiter, Richtung Süden.
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Steffen,
Betina, Wolfgang, Zenon (vlnr)
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Nach 56 Minuten
komme ich zum Praca de Comercio, dem grossen Platz, direkt am Tejo,
wo wir schon gestern vorbeigelaufen sind. Weiter wird nach rechts
und dann immer am Tejo entlang auf einer endlosen Geraden gelaufen.
Eine Stunde ist vorbei. "Zenon, wie geht es Dir" - höre
ich auf einmal die Betina rufen, die hier am Strassenrand steht.
"Schlecht" - antworte ich kurz so oder ähnlich, winke
ihr zu und laufe weiter. Es läuft bei mir heute tatsächlich
nicht besonders gut. Wir laufen jetzt zu fünft. "Norway"
ist direkt vor mir. Der Wind weht von vorn. Nach genau 14
Kilometern (1:11:09) laufe ich unter der Brücke
"Ponte 25 de Abril". Sie ist sehr hoch, hat 2 Etagen und
macht von unten einen gewaltigen Eindruck. Nach 1:24:45 muss ich
wieder eine Pinkelpause einlegen und veriere ca. 40 Sekunden. Meine
Gruppe ist mir weggelaufen, ich will sie so schnell wie möglich
wieder einholen. Ein grosser Fehler, wie es sich später herausstellen
wird.
Kilometer
17, Zeit: 1:27'07''. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite
kommen mir die beiden führenden Kenianer mit den Startnummern
5160 und 5150 (Joseph Epetet, der spätere
Sieger) entgegen. 300 Hundert Meter hinter Ihnen der
nächste mit der Startnummer 5152 (David Kipkosgei). Ich
muss jetzt an "Norway" und meine Gruppe rankommen. Rechts
sehe ich das Mosteiro dos Jeronimos, links das Denkmal der Entecker
"Padrao dos Descobrimentos" (Foto). Der Abstand zu "meiner"
Gruppe, mittlerweile sind es 5 Läufer, wird immer kleiner.
Nach 1:30:51 sehe ich auf der anderen Strassenseite weitere Läufer
mit den Startnummern 5155 (Nixon Kiprono) und 5158 (Benson Kipnaiben).
Kilometer 18. Ich schaue auf
die Uhr - 1:31'47. Den letzten Kilometer bin ich in 4'36'' gelaufen.
Viel zu schnell! Weitere Läufer kommen mir entgegen, die Nummern
kann ich mir aber nicht mehr merken. Noch 40 Meter zu der Gruppe
mit "Norway". Nach 1:37'26'' zwischen Kilometer 18 und
19 erreiche ich sie endlich. Jetzt kommt die erste Frau - Elisabete
Lopes aus Portugal (Startnummer 5112) . Bald müsste Steffen
kommen. Die, die jetzt auf der anderen Seite laufen, haben schon
etwa sein Niveau und ich traue ihm heute eine Zeit von unter 2:50
zu. Es kommt eine grössere, ca 10 Mann starke Gruppe. Hier
müsste Steffen dabei sein - denke ich, sehe ihn aber nicht.
"Zenon" - höre ich ihn auf einmal eine bekannte Stimme.
Steffen ist doch dabei und läuft gut windgeschützt an
letzter Stelle.
Kaum
Zuschauer, nur verzeizelt Beifall von zufälligen Passanten.
Es geht jetzt nach links, wir laufen unter einer Brücke hindurch,
dann folgen eine 90-Grad-Kurve nach rechts und ein steiler etwa
50m-langer Anstieg. Wir laufen jetzt direkt am Tejo entlang, nur
ein etwa 20-Meter-breiter Streifen mit Steinen trennt uns vom Wasser.
Rechts die Eisenbahnschienen. Jetzt kommt die Wende - 1:56'34''.
Etwa 100 Meter vor mir eine schlanke, dunkelhäutige Läuferin,
ich nenne sie ob ihrer schlanken Figur "Gazelle". Ich
beschleunige, komme an sie ran und passiere sie schliesslich. 2:09'03'',
irgendwo bei Kilometer 25 -
mein Atem wird auf einmal schwer. Nein, ich bekomme jetzt nicht
etwa Seitenstechen?! Verdammt! Ich muss anhalten und tief durchatmen.
Danach kann ich nur noch mit angezogener Bremse laufen. "Norway"
und die anderen aus meiner Gruppe, die ich vorhin in meinem Leichtsinn
ziemlich weit hinter mir gelassen habe, kommen jetzt an mir vorbei.
Die "Gazelle" zieht ebenfalls davon. Ich laufe jetzt langsamer.
Es geht mir etwas besser. "Wolfgang" - schrei ich auf
einmal laut und freue mich als ich nach 2:06' 10'' den "Wolfi"
auf der anderen Strassenseite sehe (Foto darunter). Hinter ihm kommen
dann nicht mehr so viele.
Jetzt
die Stelle, wo ich vorhin Steffen getroffen habe - 2:10'10''. Das
Seitenstechen
macht mir jetzt zu schaffen. Kilometer 26 - 2:14'26''. Rechts sehe
ich die Jesus-Statue auf der anderen Tejo-Seite, an der Brücke
"Ponte 25 abril". "Norway" ist 300 Meter vor
mir. Kilometer 27. Die Sonne brennt nicht mehr, es ist bewölkt,
angenehme Temperatur von 16 Grad. Kilometer
28 (1:25'24''), ich komme wieder am Monasterio dos Jeronimos
vorbei. Schnitt 5'20 pro Kilometer. Schneller kann ich leider nicht.
Vor mir die Brücke "Ponte 25 abril", ich passiere
sie nach 2:38'04''. Es ist gegen 19:10 Uhr, Kilometer 31, 2:41'35''.
Eine Strassenbahn überquert kurz vor mir die Strasse. Es war
etwas knapp aber nicht wirklich gefährlich. Die "Gazelle"
ist jetzt direkt vor mir,. Wie es aussieht, bricht sie komplett
ein. 32 Km - 2:46'45''. Steffen
wird wohl schon kurz vor dem Ziel sein. Ich komme an der "Gazelle"
vorbei. Heftiges Seitenstechen, verdammter Mist. Ich muss wieder
anhalten. Weiter geht's. Jetzt bin ich
total platt. Kilometer 33, Zeit: 2:53'09''. Kilometer
34, die "Gazelle" überholt mich wieder. Wir sind
jetzt auf dem Placa do Comerco. Den nächsten Marathon laufe
ich erst wieder wenn ich wieder absolut fit bin - schwöre ich
mir an dieser Stelle. Kilometer
36 - 3:10'17. Die letzten 6 Kilometer. Vor mir ein "grosser
Berg", eine Brücke, die noch zu überwinden ist. Rechts
von mir ein grosses Schiff am Tejo-Ufer. Das
Spagetti-Bolognese von heute mittag spüre ich immer noch im
Magen. Ich hätte lieber etwas anderes essen sollen. Es überholt
mich wieder Einer. Ich kann kaum noch meine Beine bewegen. Ich muss
kurz anhalten und dehnen.
Jetzt
geht es bergab, das ist noch viel schlimmer wie bergan. 3:17:47'.
Kilometer 37, Temperatur 17
Grad, Uhrzeit 19: 47. Jetzt überholt mich eine Gruppe. Kilometer
39 - 3:30'49''. Ich gebe mich nicht geschlagen und bleibe dran.
Es sind nur noch 14 Grad, es wird langsam ziemlich dunkel. Gleich
kommt Kilometer 40 - 3:38'16''. Kilometer
41 - 3:42'40''. Der letzte. Es geht nochmal leicht bergan.
Kopfsteinpflaster, auch das noch. Die letzten Meter. "Komm
Zenon" - ruft mir Steffen zu.Nach
3:51'57'' bin ich im Ziel.
Fix und fertig, ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Ich muss
mich einfach hinsetzen. Ich betrachte die schöne Medaille (Foto)
und freue mich irgendwie doch, dass ich es wieder einmal geschafft
habe. Zum 63. Mal. Nach einer
Weile wird es mir verdammt kalt, ich bekomme Schüttelfrost,
obwohl die Temperaturanzeige immer noch 16. Grad anzeigt, Ich hole
den Beutel mit meinen Sachen und ziehe alles an, was ich habe. Nach
4:17' kommt die "Gazelle ins Ziel. Es ist Silvia Coelho aus
Portugal mit der Startnummer 5265. Kurz danach ist auch Wolfgang
da (4:17'37''), fröhlich und locker als hätte
er gerade ein 10Km-Trainingsläufchen absolviert. Steffen
ist übrigens 2:57' gelaufen. Inzwischen ist es dunkel geworden.
Wir fahren zurück ins Hotel.
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3.
Tag, Sonntag, 13.04. Lissabon, Stadtbesichtigung
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Sonntag.
Mit dem Bus Linie 727 fahren wir nach Belem und besichtigen das
imposante Mosteiro dos Jeronimos (Heronymuskloster). König
Dom Manuel I liess es 1501 vor den Toren Lissabons erbauen. Das
Kloster besitzt eine Fassade von mehr als 300m Breite. Es wurde
aus Kalkstein errichtet. Das Heronymuskloster wird immer wieder
als Schmuckstück des manuelinischen Stils gepriesen. Dieser
Stil, der sich ausschliesslich in Portugal entwickelte, umfasst
architektonische Elemente der Spätgotik und der Renaissance,
die mit Symbolen des Königtums, des christilchen Glaubens und
der Natur vermischt wurden und so zu einer einzigartigen Einheit
verschmolzen. Wir schauen uns zunächst die Kirche mit den Sarkophagen
von Vasco da Gama und dem Dichters Luis de Camoes an und gehen anschliessend
zum Kreuzgang, der besonders durch den ornamentalen Schmuck an den
Wandflächen zum Innenhof beeindruckt (Foto).
Es
ist sonnig und warm und ein bisschen windig. Unser nächstes
Ziel - das 52 m hohe Denkmal Padrao dos Descobrimientos. In Stein
gemeisselt stehen die 32 wichigsten Persönlichkeiten der Entdeckerzeit
auf dem stilisierten Schiffbug einer Karavelle mit hoch aufragendem
Segel. An der Spitze der überlebensgrossen Figurengruppe erscheint
Heinrich der Seefahrer, dahinter weitere Seeleute, Kartographen,
Gelehrte, Dichter und Mönche. Mit dem Fahrstuhl fahren wir
auf die Aussichtsplattform und geniessen die schöne Aussicht
auf den Tejo, den Heronymuskloster, das Torre de Belem. "Da
unten ist noch eine interessante Sehenswürdigkeit" - sagt
Steffen. "Oh ja, doch" - bestätige ich und lasse
mir das Motiv nicht entgehen (Foto links). Wolfgang lacht, Betina
schaut gerade in die andere Richtung und bewundert die bunten Segelboote
auf dem Tejo.
Auf
dem Weg zum Torre de Belem begegnen wir einem Strassenhändler,
der Sonnenbrillen verkauft. Fein angezogen mit Anzug, weissem Hemd
und Krawatte versucht er uns seine Ware anzudrehen. Wir zeigen zunächst
kein Interesse und ignorieren ihn einfach. Der Mann ist hartnäckig
und läuft uns hinterher. Die Sonne brennt mit grellem Licht
und ich hatte meine Sonnenbrille vergessen. "How much"
- entwischt es mir irgendwie automatisch, ohne dass ich in diesem
Moment schon feste Kaufabsichten hatte. Sofort wird mir aber klar,
dass ich damit die Verhandlung eröffnet habe und dass es kein
Zurück mehr gibt. Jetzt weicht mir der durchaus sympatische,
paarundvierzige Latino nicht mehr von der "Pelle". "20
Euro" - heisst sein Preis." 5 Euro" - sage ich. "6".
"15". "6". "10". "8 , billiger
kann ich es nicht verkaufen, habe Frau und 3 Kinder". "Ok,
7 Euro" - lasse ich mich erweichen. Mit einem Händedruck
besiegeln wir den Handel und die durchaus schicke Sonnenbrille wechselt
den Besitzer. Den Torre de Belem schauen wir uns nur von aussen
an, statt einer Besichtigung ziehen wir ein Sonnenbad draussen auf
einer Bank vor. Dann kauft Betina noch 2 Halstücher bei der
Frau vom Brillenhändler (Foto) und wir fahren mit der Strassenbahn,
Linie 15 zurück ins Stadtzentrum.
Jetzt
ist der Hunger gross und wir wollen in ein Restaurant im Alfama-Viertel.
"Wir müssen dazu an der Metro-Station "Bela Vista"
aussteigen - meint Steffen selbstsicher. Keiner widerspricht, da
er sonst so orientierungsfest ist. Diesmal versagen aber seine Ortskenntnisse.
"Bela Vista" liegt weit ausserhalb des Zentrums. Wir beschliessen
an der Station Anjos auszusteigen und zurückzufahren. Aber
vielleicht gibt es in dieser Gegend auch ein hübsches Restaurant?
Also gehen wir die Strasse entlang und und schauen von Ecke zu Ecke.
Hier ist es zu teuer, hier zu verqualmt, hier zu laut und dort zu
dreckig. Irgendwann verlieren wir die Nerven und gehen in das erste
beste nicht gerade sehr feine Bistro hinein. "Können wir
hier etwas essen?" - frage ich den Kellner. "Ja, gebratenen
Fisch mit Pommes. Ich kann Ihnen auch etwas Reis dazu machen".
"Ok. wir nehmen es". Die Stimmung zu Anfang ist etwas
gedrückt. Das Essen schmeckt aber nicht schlecht und das Bier
sorgt für immer bessere Laune. Zum Schluss sind alle fröhlich
und zufrieden. Wir machen noch ein Foto mit dem Kellner, der wie
Adriano
Celentano aussieht (Foto), und verlassen wieder das Lokal.
Mit
einem Taxi fahren wir zum Castelo de Sao Jorge. Die Ursprünge
des Castelo reichen bis ins 5. Jahrhundert zu den Westgoten zurück.
Vier Jahrunderte später erweitern die Mauren die Anlage. Weitere
Umbauten erfolgen unter Afonso Henriques, Portugals erstem König.
Bis ins 16. Jahrhundert diente der Burgpalast als königliche
Residenz. Nach zeitweiliger Nutzung als Gefängnis wurde die
Anlage umfassend restauriert und ist seither - mit Cafe, Gärten,
Kanonen, Schatten spendenden Bäumen und einer prachtvollen
Aussicht der Öffentlichkeit zugänglich. Wir machen einen
Rundgang. An einer Mauer sort ein Pfau mit seinem Rad für grosses
Interesse bei den japanischen Touristen. Wolfgang interssiert sich
dagegen mehr für die zeitgenössischen Skulpturen (Foto).
Wir fahren
wieder in unser Hotel und feiern anschliessend Abschied von Lissabon
in demselben Restaurant wo wir schon am Freitag gleich nach der
Ankunft gespeist haben. Nur diesmal schmeckt der gekochte Fisch
nicht so gut, selbst Wolfgang lässt die Hälfte auf dem
Teller liegen. Der Rotwein ist dagegen vom Feinsten.
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4.
bis 7. Tag, 13.04. - 18.04. Extremadura/Spanien
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Montag
bis Freitag.
Wir
fahren nach Spanien, in die Provinz Extremadura und erholen uns
in einer Casa Rural auf dem Lande in der Nähe von Trujillo
(Foto ganz unten). Am Dienstag wird in der der Umgebung des Hauses
gewandert und Steffens Geburtstag gefeiert. Am Mittwoch besichtigen
wir das Monasterio de Guadalupe. Wolfgang und Zenon lassen sich
die Gelegenheit nicht entgehen und küssen die Schwarze Madonna.
Am Donnerstag fahren wir in den Nationalpark Monfrague und beobachten
Uhus, Schwarzstörche, Blauelstern, Gänse- und Mönchsgeier
sowie zahlreiche weitere Vögel. Zum Schluss finden wir auch
das iberische
Schwein (Foto). Am Freitag geht es zurück nach Lissabon
und von dort nach Dresden.
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